Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 123

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Herr Kollege! Kommen wir zur Sache! Solche Zwischenrufe habe ich mir eigentlich von Ihnen nicht erwartet.

Herr Kollege Scheibner hat in seiner Begründung zur dringlichen Anfrage einen sehr weiten Bogen gespannt in Fragen der österreichischen Sicherheitspolitik und Verteidigungspolitik und in Fragen des österreichischen Bundesheeres. Er hat eine breite Palette von Problemen angesprochen, und ich glaube, daß es wirklich notwendig sein wird, darüber, Herr Bundesminister, dem Parlament entsprechend Rechenschaft zu geben, und zwar in Form eines Zustandsberichtes, der längst fällig ist und der mit Vorrang dem Parlament vorzulegen sein wird. Wir Liberale werden daher einen entsprechenden Antrag einbringen, damit es endlich zu diesem Zustandsbericht kommt und wir über die Situation des Bundesheeres auch hier diskutieren können.

Herr Bundesminister! Sie haben heute sehr lang und sehr viel geredet, aber ich bedauere es, daß Sie auf die angesprochenen Punkte nicht wirklich eingegangen sind und Sie nicht klar und präzise auf die Fragen geantwortet haben, aber der Zustandsbericht wird Ihnen die Möglichkeit dazu geben, und wir werden dann auch die Möglichkeit haben, auch über eine Beurteilung des österreichischen Bundesheeres zu reden.

Im morgigen "Kurier" können wir lesen, daß der Präsident der Offiziersgesellschaft wieder einmal ausführt, daß das System der Landesverteidigung derzeit als eine Blutzollmaximierungsmaschinerie bezeichnet wird, denn das Bundesheer könne bei seinem derzeitigen, kümmerlichen Ausrüstungsstand keinen Staat schützen. – Herr Bundesminister, über diese Beurteilung Ihrer Offiziere betreffend den Zustand des Bundesheeres werden wir in diesem Hohen Hause sehr wohl noch zu diskutieren haben.

Ich glaube, daß es gerade am Vorabend der EU-Regierungskonferenz wichtig und notwendig ist, über Aspekte der österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu diskutieren. Die Diskussion über die österreichische Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist ja in der letzten Zeit etwas konfus und konzeptlos verlaufen, und es sind die tiefen, schier unüberbrückbaren Gräben zwischen den Regierungsparteien klar zutage getreten. Es wäre schon günstig, wenn wir hier endlich zu einer klaren Linie finden würden, damit die Positionen Österreichs bei der Regierungskonferenz entsprechend vertreten werden können.

Wie diese Diskussion gelaufen ist, möchte ich nur anhand einiger Beispiele zeigen. Die Sozialdemokratie hält fest an der Neutralität um jeden Preis. Daraufhin erklärt die Österreichische Volkspartei: Nein, die Neutralität muß weg! Jüngst haben wir einen skurrilen Vorschlag gehört, nämlich dieses berühmte Solidaritätsgesetz.

Der Bundeskanzler schlägt einen nationalen Sicherheitsrat vor – im Prinzip keine schlechte Idee –, Vizekanzler Schüssel lehnt ab und bezieht sich dabei auf den Verteidigungsrat und auf den Außenpolitischen Rat. – Meine Damen und Herren! Beide Räte tagen vielleicht zwei-, dreimal im Jahr, aber in Wirklichkeit haben sie noch zu keiner Linie gefunden.

Vertreter der Sozialdemokratie – so wie heute Herr Kollege Gaal – sprechen von einem umfassenden Sicherheitsbegriff. Offensichtlich vergessen Sozialdemokraten, daß wir seit 1976 das Prinzip der umfassenden Landesverteidigung haben, demgemäß auf breiter Basis nicht nur von militärischer Seite, sondern auch bis hin zur zivilen Seite alle Maßnahmen gesetzt werden und zu setzen sind im Hinblick auf die Abwehr einer Bedrohung.

Es wird vorgeschlagen, der WEU und der NATO beizutreten. Die Sozialdemokratie sagt nein und wartet auf ein europäisches Sicherheitssystem, das nicht kommen wird, wenn wir nicht entsprechend dafür eintreten.

Diese Diskussion, meine Damen und Herren, ist blamabel. Die Diskussion, wie sie in der Öffentlichkeit geführt wird, ist unverantwortlich und schadet dem Land. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daher ist es notwendig, daß wir endlich zu einer sachlichen und gesamtheitlichen sicherheitspolitischen Diskussion kommen, weil wir – und das ist inzwischen allen klar geworden – eine


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