Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 130

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stellen ist sozusagen eine Angelegenheit, die über die Kapazität der Vereinten Nationen hinausgeht. Wenn man den Frieden herstellen will, bedarf es anderer Organisationen.

Wenn man sich auf der anderen Seite etwa das Statut der NATO anschaut, dann muß man auch konzedieren, daß das eine Organisation ist, die selbstverständlich von sich aus im Statut bereits festlegt, daß sie ausschließlich im Rahmen der Beschlüsse der Vereinten Nationen tätig wird und auch nur so lange, wie ein Mandat besteht oder bis die Vereinten Nationen eingreifen, sodaß das durchaus eine absolut ergänzende Organisation ist.

Das zweite ist nicht nur die Theorie, sondern die Praxis. Wenn wir uns anschauen, was wirklich passiert ist, dann müssen wir uns daran erinnern, daß wir hier in diesem Haus stundenlang darüber diskutiert haben, weshalb der Krieg in Bosnien, in Exjugoslawien kein Ende findet. Und wenn wir uns heute fragen, wieso es jetzt zum erstenmal dort eine Situation gibt, wo zumindest eine Chance auf Frieden besteht, dann lautet die Antwort: deshalb, weil die NATO – nicht für sich allein, sondern im Rahmen der Vereinten Nationen – dort tätig wird.

Deshalb gilt es auch, diesen Prozeß zu stärken, und insofern, glaube ich, sollten wir uns auch von den Vorurteilen der Vergangenheit aus der Zeit des kalten Krieges viel stärker entfernen.

Vielleicht noch ein kurzes Wort zur weiteren Vorgangsweise: Ich glaube, daß es wirklich von unerhörter Bedeutung ist, möglichst rasch in diesen Prozeß einzusteigen. Darauf zu warten, daß möglicherweise in 20, in 30 oder in 40 Jahren ein System vom Atlantik bis Wladiwostok und hinüber nach Amerika entsteht, das wird uns nicht helfen. Wir haben jetzt nach dieser gewaltigen Umbruchzeit auf der einen Seite die Instabilität in der gesamten östlichen Hälfte unseres Kontinents, die es zu bewältigen gilt. Da können wir nicht warten, ob möglicherweise in 30 oder in 40 Jahren etwas daraus entstehen könnte, sondern wir brauchen ein System, das in kurzer Zeit funktionieren kann. Das ist die WEU, und das ist auch die NATO.

Das zweite ist, daß wir wahrscheinlich auch eine historische Chance haben. Ich habe vorhin gesagt, der gesamte ostmitteleuropäische Raum ist immer unter der Hegemonie einer oder mehrerer Mächte gestanden. Zum ersten Mal in der Geschichte überhaupt gibt es diese Chance, daß eine Ordnung entsteht, eine selbst gewählte und frei gewählte Ordnung aus diesen Staaten heraus, in Zusammenarbeit mit den westeuropäischen Staaten. Zum ersten Mal in der Geschichte! Immer wurden diese Staaten unterdrückt, immer wurden ihnen andere Ordnungen, fremde Ordnungen auferlegt.

Ich glaube, daß es unsere Pflicht ist, diese historische Chance auch zu nutzen. Möglicherweise haben wir sie in zehn Jahren nicht mehr, vielleicht auch schon in kürzerer Zeit nicht mehr. Daher sollten wir jetzt handeln und keine Zeit versäumen, denn Österreich kann, weil uns diese Konflikt- und Gefahrenherde so nahe sind, weil bis vor kurzer Zeit nur 150 Kilometer von unserer Staatsgrenze entfernt Krieg geführt wurde und weil wir daher vielleicht einen stärkeren Bewußtseinszustand haben, die Lage vielleicht noch besser einschätzen als Länder, die 1 000, 2 000 Kilometer von jedem Gefahrenherd entfernt sind.

Wir sollten unsere Chance nutzen, auf diese Gefahren und auch auf die Möglichkeiten, hier friedliche Lösungen zu bringen, aufmerksam zu machen. Das sehe ich als unsere Rolle an, und das sehe ich als die konsequente Fortsetzung der früheren Neutralitätspolitik an. Wir versuchen einfach, dorthin den Frieden zu bringen, wir versuchen, zu vermitteln, wir versuchen, Europa zusammenzuführen, das aus unterschiedlichen Richtungen gekommen ist. Das ist die historische Aufgabe unseres Landes, und der sollten wir uns auch stellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.53

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte schön.

18.53

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Dringliche Anfragen sind Glückssache. Man weiß vorher niemals, ob sie


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