Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 14. Sitzung / Seite 151

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worden, daß der sehr mutige Weg nach Europa nicht mehr gestoppt oder gar umgekehrt werden darf. Und der Weg ist richtig. Die Anpassungsrezession scheint überwunden zu sein, die Staatsbetriebe sind weitgehend privatisiert, die Inflation ist im Griff, die Arbeitslosenrate ist stabil, und das Ausbildungsniveau steigt kontinuierlich. Insgesamt kann man also feststellen, daß das Wirtschaftsklima für Osteuropa in diesen Ländern sehr positiv ist.

Diese erfreulichen Entwicklungen werden durch dieses Abkommen noch unterstützt. Die technische Hilfe, der Austausch von Experten, die Hilfe für Klein- und Mittelbetriebe, all das sind Maßnahmen, die helfen werden, die Wirtschaft in diesen Ländern weiterzubringen, und ich bitte Sie daher, diesem Abkommen zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.01

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Khol: Das ist der Höhepunkt des heutigen Tages!)

20.01

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Es geht hier um die Ratifikation eines Europaabkommens, dem wir auch zustimmen werden, dennoch möchte ich einige kritische Bemerkungen dazu machen, weil ich glaube, daß es gerade auch für uns österreichische Abgeordnete wesentlich ist, für ein Land, das sich sehr stark dafür eingesetzt hat, daß sich die Europäische Union auch für osteuropäische Länder öffnen muß, und das sich sehr stark dafür eingesetzt hat, daß diese Öffnung auch in einem absehbaren Zeitraum geschieht.

Dieses Europaabkommen, das wir heute beschließen, ersetzt die Freihandelszonen der baltischen Staaten, und das Europäische Parlament – das möchte ich Ihnen sagen – hat grundsätzlich keine Einwände gegen dieses Abkommen, kritisiert aber – ich muß schon hinzufügen, daß das, wovon mein Vorredner so euphorisch gesprochen hat, nämlich daß diese Staaten auf dem Weg nach Europa, auf dem Weg zur Europäischen Union sind, nicht stimmt –, daß die Wirtschaften dieser Länder keineswegs in der Lage sind, innerhalb dieses Zeitraumes, der immer wieder ins Auge gefaßt wird, nämlich nach der Regierungskonferenz – Genaueres gibt es nicht –, die Kriterien zu erfüllen, allen voran die Konvergenzkriterien der Wirtschafts- und Währungsunion. (Zwischenruf des Abg. Scheibner. ) – Nicht ich setze das an.

Die Erfahrung mit der Freihandelszone zeigt, daß sich die Erwartung, daß die baltischen Länder in die Länder der Europäischen Union exportieren können, nicht erfüllt hat. Die Europäische Union importiert in einem weitaus größeren Maße in die baltischen Länder. Das heißt, diese sind nicht in der Lage, ihre Importquoten auszufüllen.

Diese Situation wird sich mit diesem Abkommen noch weiter verschärfen, weil auch ein gegenseitiges Verbot der Diskriminierung von Waren vorgesehen ist. Und ein solches Verbot wird stets zu Lasten der wirtschaftsschwächeren Länder gehen.

Außerdem werden die Schutzmaßnahmen für die Wirtschaften der baltischen Republiken nur mehr für eine Übergangsfrist möglich sein. Dieses Abkommen stellt also ein reines Wirtschaftsabkommen dar, und auf die Frage der sozialen Absicherung oder auf die Frage des Umweltschutzes wird in keiner Weise eingegangen.

Einige wenige Worte – das ist wesentlich, und ich glaube, daß wir uns darüber Gedanken machen müssen – sind noch zu den Freizügigkeitsbestimmungen zu sagen, die zwar eine Freizügigkeit für Arbeitskräfte, für Staatsangehörige der jeweils anderen Partei vorsehen, aber diese Freizügigkeit hinkt insoferne, als der Berufsfähigkeitsnachweis für die baltischen Staaten noch nicht anerkannt ist.

Dieses Europaabkommen wird, wie mein Vorredner schon gesagt hat, den baltischen Staaten als ein erster Schritt in Richtung Europäische Union verkauft. Ich glaube, wir müssen, wenn wir heute diesem Abkommen zustimmen, dennoch kritisch genug sehen, daß das kein erster Schritt in Richtung Europäische Union ist, sondern daß das ein Vertrösten dieser Länder, ein Aufschub


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