Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 90

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Sie dürfen sich daher nicht wundern, wenn Sie gerade jetzt, wo Sie es am wenigsten brauchen können – Ursache und Wirkung sind unverkennbar –, mit der größten Pleitenwelle der Zweiten Republik konfrontiert sind – nachhaltig, nicht nur 1995, das zieht sich bis ins Jahr 1996. Und Sie dürfen sich nicht wundern, wenn Sie gerade jetzt, wo Sie es überhaupt nicht brauchen können, mit der größten Arbeitslosigkeit seit 1953 konfrontiert sind. Da besteht ein innerer Zusammenhang.

Ich weiß schon, daß es eine europaweite Konjunkturflaute gibt, aber Sie verstärken diese Flaute durch die Budgetsanierungsmaßnahmen. Ich weiß schon, es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Budgets zu sanieren, aber von einem bin ich überzeugt – und nicht nur ich –: Jede Budgetsanierung hat dämpfende Effekte. Und genau in dieser Situation sind Sie, sind wir, um die ich Sie, um die ich uns in Österreich nicht beneide.

Ob Sie Ihr kurzfristiges Ziel, nämlich 1997 ein Defizit von weniger als 3 Prozent – gemessen am Bruttoinlandsprodukt –, erreichen werden, wage ich mehr als zu bezweifeln, aber ernsthaft können wir uns darüber erst Ende 1997, Anfang 1998 unterhalten. Als Begründung sage ich Ihnen nur: Siehe das, was ich gerade gesagt habe, und nehmen Sie sich als Menetekel an der Wand beziehungsweise als Hinweis dafür, daß ich nicht so ganz danebenliege, die revidierten Wirtschafts- und Arbeitslosenprognosen her. Diese zeigen sehr deutlich auf, daß Sie, anstatt daß wir mit welchen Maßnahmen auch immer, seien es keynesianische oder seien es andere, nachfragegesteuerte oder angebotsgesteuerte Maßnahmen, den stotternden Konjunkturmotor in Gang setzen und Gas geben, mit Ihren Budgetsanierungsmaßnahmen genau das Gegenteil erreichen werden oder es bereits erreichen.

Dazu muß ich schon noch sagen: Die Reaktion im Finanzministerium zum Ausgleich des durch diese revidierten Wirtschafts- und Arbeitslosenprognosen zusätzlich neuerlich erhöhten Negativsaldos um 6 bis 7 Milliarden Schilling, zu dessen Ausgleich einfach die Privatisierungserlöse höher im Budget angesetzt werden, ist irgendwo zwischen Hilflosigkeit und Unverfrorenheit angesetzt. – Nicht mehr und nicht weniger.

Hohes Haus! Meine geschätzten Großkoalitionäre! Daß Sie Ihr Ziel, das Budget mittel- bis langfristig zu sanieren, erreichen, bezweifle ich nicht nur, sondern stelle ich in Abrede, und zwar deswegen, weil Sie wieder, um einen anhaltenden Sanierungs-, Konsolidierungseffekt zu erzielen, viel zuviel einnahmenseitig gemacht haben. Ihre Erzählungen, daß zu zwei Dritteln ausgabenseitig und zu einem Drittel einnahmenseitig gespart wird, basieren doch auf einer Zahlenspielerei. Wenn Sie die Dinge bei Licht betrachten, werden Sie sehen, daß das ziemlich genau fifty-fifty angelegt ist: die Hälfte wird einnahmenseitig und die andere Hälfte ausgabenseitig eingespart. Das bringt Ihnen ohne Zweifel kurzfristig eine Verbesserung des Saldos für zwei, maximal drei Jahre, aber nicht länger. Mittelfristig stehen Sie wieder vor denselben Problemen. Dann sind wir aber im Jahr 1998 oder 1999, und dann haben wir spätestens 1999 wieder Nationalratswahlen.

Die Lust bei jeder Regierung – nicht nur bei einer großen Koalition –, kurz vor anstehenden Wahlen entscheidende Budgetsanierungs-, Konsolidierungsschritte zu setzen, ist erfahrungsgemäß gering. Daher wird nichts geschehen, das Gegenteil wird der Fall sein: Sie werden eine Steuerreform machen, bei der Sie die Folgen der Progression mildern werden wollen. Daher wird es mit einer mittel- bis langfristigen Budgetsanierung nichts werden. Das ist schade, und es werden die Probleme, vor denen wir stehen, nicht gelöst werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.50

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Anna Huber. Ich erteile es ihr. – Frau Abgeordnete! Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich Sie knapp vor 16 Uhr unterbrechen muß.

15.50

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Bauer! Jetzt muß ich mich auch an Sie etwas liebevoll wenden. Sie sprachen oft vom Kabarettisten Hader und vom Demokratieverständnis. Kollege Böhacker hat eine Karikatur von


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