Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 372

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Beschimpfungen aufhören, in denen tatsächlich teilweise grober Unfug gegenüber den Medien gesagt wird, teilweise aber wir einander wirklich bewußt mißverstehen.

Wenn uns Liberalen wiederholt vorgeworfen wird und bis zuletzt vorgeworfen wurde, wir seien deswegen für eine Flexibilisierung der Arbeitswelt, damit wir die Mitarbeiter besser ausbeuten könnten, dann ist das ein bewußtes Mißverstehen. Deswegen habe ich so gerne an die Ausführungen der Kollegin Reitsamer angeknüpft, in denen sie im Prinzip das wiederholt hat, was mein Kollege Helmut Peter seit Monaten und Jahren immer wieder sagt, nur: Der zweite Teil, nämlich daß wir das nicht auf dem Rücken der Dienstnehmer machen wollen, wird immer weggelassen, wenn er zitiert wird. Ich glaube aber, wir werden zu keinem neuen Sozialkontrakt kommen, wenn wir unsere Aussagen gegenseitig immer so verkürzen, daß zum Schluß nur Gegensätze statt des Gemeinsamen übrigbleiben.

Ich meine daher, daß ein Tagesordnungspunkt wie der heutige soziale Teil des Strukturanpassungsgesetzes Gelegenheit sein sollte, sich nicht nur mit den Einzelheiten – ich komme dann schon auch noch auf ein paar besonders unangenehme Details zu sprechen – zu befassen, sondern auch eine Regierung, die glaubt, weil sie eine Zweidrittelmehrheit hat, könne sie selbstbewußt und übermütig sein, daran zu erinnern: Dieser Übermut wird nicht gut ausgehen, denn das, was hier vorgelegt wird, ist nicht innovativ, ist nicht reformatorisch, ist einfach nur ein Notprogramm! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Da weiß ich mich auch mit dem Kollegen Mühlbachler eins, den ich hier zitieren darf: "Natürlich kann man nicht erwarten, daß in dieser kurzen Zeit die Geschichte fehlerlos vorübergegangen ist." – Also diese Beschreibung war ja noch sehr freundlich, denn die Fehlerlosigkeit, von der er hier meint, daß sie nicht möglich sei, ist die operative Fehlerlosigkeit in der sehr beschleunigten parlamentarischen Behandlung – um das einmal vorsichtig zu sagen; sehr beschleunigt, eigentlich fast nur noch pro-formahaften. Aber das Problem war: Es war ja schon das, was ins Parlament gekommen ist, nur ein Rohling. Das war kein ausformuliertes, nicht einmal ein schlecht ausformuliertes Gesetz – das war ein schlechtes Gesetz, und das war nicht ausformuliert. Daher hatten wir hauptsächlich deshalb auch so viele Änderungsanträge der Regierungsparteien – auch jetzt wieder –, denn das sind sozusagen redaktionelle Nachbesserungen, die bei einem normalen Gesetzwerdungsprozeß stattgefunden haben, bevor die Materie ins Hohe Haus kommt, nämlich von den Menschen gemacht wird, die den Entwurf entwickeln. (Der Redner schenkt ein Glas Wasser ein. – Abg. Schwarzenberger: Wo bleibt der Applaus?) Das ist nicht etwas, über das man sich freuen muß. (Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt. – Abg. Mag. Barmüller: Wenn Sie es gut finden, dann applaudieren Sie! – Weitere Zwischenrufe.)

Herr Kollege! Sie versuchen, hier etwas, was eigentlich, selbst wenn man sich mit mir einer Meinung weiß, überhaupt keinen Grund dazu gibt, mit Applaus zu belegen. Zu dem, was ich hier gesagt habe, kann man natürlich applaudieren – da haben Sie recht –, aber eigentlich gibt das überhaupt keinen Grund zu applaudieren. Man kann sich zwar als Opposition freuen, wenn man der Regierung nachweisen kann, was sie alles nicht gemacht hat, aber wenn man sich gleichzeitig Sorgen um die Republik macht, bleibt die echte Freude aus. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ginge uns darum, unsere Angriffe so vorzutragen, daß sie gleichzeitig bewirken, daß der eine oder andere gröbere Fehler vielleicht unterbleibt, und zwar durchaus aus Angst vor unserer Kritik – das ist zwar nur eine indirekte Möglichkeit, aber immerhin, man soll sie nicht unterschätzen.

Zweitens ist es einfach notwendig, daß hier Menschen ihre Stimme erheben, die nicht nur ja und amen sagen zu dem, was in einem Koalitionsabkommen beschlossen worden ist. Das ist besonders wichtig. Geradezu wesentlich an diesem Parlament ist, daß wir unüberhörbar sagen können, daß wir jene sind, die nicht ja und amen sagen. – Das gilt selbstverständlich für die gesamte Opposition, das mache ich gar nicht zum Monopol des Liberalen Forums. Daß Ihnen das unangenehm ist, verstehen wir, aber Sie werden es aushalten müssen. Sie stimmen sowieso so ab, wie Sie es vorher angekündigt haben. In diesem Zusammenhang kann ich Herrn Präsidenten Fischer zitieren: Er ist davon ausgegangen, schon am 9. April, daß die Abgeordneten


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