Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 412

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Begründung:

Die Arbeitslosigkeit behinderter Menschen in Österreich ist erschreckend hoch und weiterhin im Ansteigen begriffen. In Österreich sind Unternehmen, Ämter und Behörden sowie kommunale Einrichtungen verpflichtet, pro 25 Arbeitnehmer eine begünstigte behinderte Person einzustellen. Damit wären bundesweit rund 60 000 Arbeitsplätze für Menschen mit Handicap reserviert. Besetzt sind aber nur etwa die Hälfte dieser Stellen. Mit der Zahlung einer Ausgleichstaxe von derzeit 1 920 S pro Monat können sich Arbeitgeber von der Beschäftigung von behinderten Arbeitnehmern freikaufen. Von dieser Regelung macht nicht nur die Privatwirtschaft reichlich Gebrauch, auch der Bund als größter Dienstgeber des Landes geht hier mit schlechtem Beispiel voran. So waren 1994 im Innenministerium von 1 035 Planstellen für Behinderte 798 nicht besetzt. Im Wissenschaftsministerium waren im Vorjahr nur etwa die Hälfte der 718 Behindertenstellen vergeben.

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Ich glaube, dieser Abänderungsantrag muß auch für Sie von der SPÖ und von der ÖVP mehr als einleuchtend sein. Wenn Sie sich wieder ein Stück mehr zu behinderten Menschen bekennen, dann werden Sie meinem Antrag zustimmen. (Beifall bei den Grünen. )

12.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von der Frau Abgeordneten Haidlmayr soeben vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Ich erteile nun als nächster Rednerin Frau Abgeordneter Steibl das Wort.

12.57

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zu meinen eigentlichen Ausführungen komme, möchte ich noch ganz kurz der Kollegin Haidlmayr antworten. Sie sagte, dieses Sparpaket im Volksmunde sei ein Gemetzel und strotze vor Ignoranz. Ich möchte dazu nur eine Anmerkung machen: Es wird zum Beispiel das Pflegegeld in ganz Europa nicht so positiv gehandhabt wie bei uns. Das muß man auch einmal sagen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Nun aber zu einem sehr wichtigen Thema – das ist heute vormittag immer wieder angesprochen worden –, zum Thema Arbeit.

Beinahe 11 Prozent aller EU Bürger sind zurzeit ohne Arbeit, und in Österreich sind es schon weit an die 300 000 Menschen. Die Tendenz ist steigend, das wissen wir alle. Internationaler Konkurrenzdruck und die Globalisierung der Wirtschaft fordern aber einen neuen Typ des Arbeitnehmers: flexibel, mobil, qualifiziert und dynamisch. Auch das soziale Netz wird dünner, Konflikte sind dabei unabwendbar, trotz des magischen Zauberwortes Flexibilisierung.

Außerdem hat sich in den letzten Jahrzehnten eine Änderung des Stellenwertes der Arbeit vollzogen. Laut einer Studie des Fessel-Institutes aus dem Jahre 1995 sagen die Menschen – Mütter, Väter – in Österreich, daß Familie und Partnerschaft vorrangig sind, das heißt, 91 Prozent sprechen sich dafür aus. An zweiter Stelle steht mit 85 Prozent der Bereich Gesundheit, und erst an dritter Stelle rangieren mit 47 Prozent Arbeitsplatz und Beruf; bei letzeren waren es 1987 noch 51 Prozent. Der Wunsch nach mehr Freizeit ist derzeit bei 35 Prozent angelangt; 1987 waren es noch 26 Prozent, die dafür votierten.

Die Folge davon ist – wir müssen da wirklich die Praxis sehen –, daß Arbeit heute als möglichst frei zu bestimmende, sinnvolle und das Wohlbefinden des einzelnen und der Gesellschaft fördernde Tätigkeit angesehen wird, möglichst allen in der Gesellschaft zugänglich. Da ist, glaube ich, der Gesetzgeber gefordert, den nötigen Rahmen zur Umverteilung in Richtung mehr Selbstbestimmung anstatt Fremdbestimmung zu liefern.


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