Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 167

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Neben den Roma und Sinti scheint mir derzeit die Volksgruppe der Tschechen in Wien besonders in finanziellen Nöten zu sein. Sie hat eine letzte tschechische Schule, die Komenský-Schule im 3. Wiener Gemeindebezirk, zu betreuen. Die Schule kostet viel Geld, sie muß renoviert werden, die Erhaltung kostet ein kleines Vermögen – die Mittel reichen einfach nicht aus. Die Vereine, die eigentlich aus den Volksgruppenförderungsmitteln mitbeteilt werden sollen, verzichten auf große Teile der ihnen an und für sich zustehenden Beträge zugunsten dieser Schule.

Ich appelliere an den Herrn Bundeskanzler als Federführenden in Volksgruppendingen, danach zu trachten, den Roma und den Sinti einerseits und den Wiener Tschechen andererseits Sonderzuwendungen zukommen zu lassen – den Roma und Sinti, weil sie sie einfach brauchen, um die Dinge volksgruppenmäßig durchstehen zu können, den Wiener Tschechen, weil die Komenský-Schule langsam vor sich hin verfällt und man sie eigentlich retten sollte!

In diesem Zusammenhang hat die freiheitliche Fraktion auch einen Entschließungsantrag eingebracht, den ich nun zur Verlesung bringe. Es geht darum, daß man vor allem die beiden von mir erwähnten Volksgruppen stärker bedenken soll, und der Entschließungsantrag lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ofner, Dr. Graf und Kollegen betreffend die besondere Förderung der Volksgruppen im "Millenniumsjahr"

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundeskanzler wird ersucht, dem Nationalrat im laufenden Finanzjahr eine Vorlage zu unterbreiten, mit der die Volksgruppenförderung um 10 Millionen Schilling erhöht wird, und zwar zur Verwendung dieser Mittel insbesondere für die Ausstattung bestehender Volksgruppeneinrichtungen oder für die Gestaltung von Projekten mit modernen Kommunikationseinrichtungen sowie zum Ausbau und zur Erhaltung von Schulen. Darüber hinaus wird der Herr Bundeskanzler ersucht, sich dafür einzusetzen, daß die versprochenen Maßnahmen zugunsten der Roma und Sinti von den Gebietskörperschaften aller Ebenen, insbesondere auch von seiten der Zentralbehörden des Bundes, noch heuer in Angriff genommen werden."

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Das ist nämlich ein anderes Kapitel: Wir erleben immer wieder und auf allen Ebenen und überall – auch heute hier im Haus war es so –, daß man sich des Schicksals der Roma und Sinti erinnert, und häufig ist der fürchterliche Mordanschlag, dessen wir uns immer wieder so erinnern, als ob er erst gestern gewesen wäre, Anlaß dafür, daß wir diese Volksgruppe in unsere Überlegungen einbeziehen. Und was ist ihr, was ist ihren Exponenten nach diesem Anschlag nicht alles versprochen worden – auf der Gemeindeebene, auf der Landesebene, auf der Bundesebene –, und geschehen ist praktisch oder wirklich nichts, meine Damen und Herren! Und da müßte man sich doch aufraffen, ein bisserl davon, was versprochen worden ist und was man nicht gehalten hat, aufzuholen und nachzuholen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist unser Appell, und der Entschließungsantrag, den ich verlesen habe, zielt in diese Richtung.

Ich darf diese Gelegenheit dazu benützen, die minderheitenpolitischen und volksgruppenpolitischen – ich bemühe mich, den Ausdruck "Minderheiten" nach Möglichkeit zu vermeiden, weil er etwas abwertend ist, wie ich die Dinge sehe – Eckpfeiler der freiheitlichen Politik ins Auge zu fassen.

Wir Freiheitlichen bekennen uns rückhaltlos zur kräftigen, wirklich wirksamen Förderung der autochthonen Minderheiten in ihren angestammten Heimatgebieten. Wir sehen uns damit auf dem Boden des geltenden Volksgruppenrechtes und in Übereinstimmung mit den Intentionen der Bundesregierung und – zumindest zum Teil – auch der anderen Oppositionsparteien.


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