Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 267

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Ich hingegen werde versuchen, einige Dinge einzumahnen, insbesondere was die "Osterweiterung" – unter Anführungszeichen – anlangt. Es wurde hier heute schon einmal die Frage Slowenien im Zusammenhang mit rechtlichen Altlasten in diesem Land thematisiert. Ich bin mir ganz sicher und teile auch die Einschätzung des Herrn Bundesministers, daß man mit der Republik Slowenien diese Aspekte in einer kollegialen, freundschaftlichen, hoffentlich auch hart geführten, aber ehrlichen Diskussion wird ausräumen können.

Aber wir haben vor unserer Haustüre auch andere Beitrittswillige und auch von ihrer wirtschaftlichen Entwicklung her relativ weit fortgeschrittene Länder, mit denen wir vergleichbare Probleme haben. Ich möchte nicht, daß wir uns mit Angelegenheiten, die Tschechien betreffend seine eigene historische Vergangenheit intellektuell noch nicht ganz bewältigt hat, nicht auseinandersetzen. Ich halte es für notwendig, daß irgendwann einmal auch ein ehrliches Wort über die Beneš-Dekrete gesprochen wird.

Ich will das hier jetzt nicht diskutieren, denn das würde zu weit führen. Aber wenn wir uns darüber verschweigen, dann sind wir unaufrichtig, dann sind wir feige, und dann bleiben wir vielen unserer Mitbürger, die längst bei uns als österreichische Staatsbürger integriert leben, etwas schuldig. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich glaube, daß wir da keine Gefälligkeitsdiplomatie und keine politische Kindesweglegung begehen dürfen, indem wir uns damit beruhigt wissen, daß der Freistaat Bayern und Deutschland ohnedies – so recht und schlecht und irgendwie – die Schutzmachtfunktion ausüben. Es geht ja nicht um die Umsetzung schwieriger vermögensrechtlicher Dinge, sondern es geht um die Wiederherstellung der Ehre ermordeter Menschen. Das sollte uns ein Anliegen sein! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das sind Aspekte, die auch in der jetzigen Europäischen Union schon eine gewisse Rolle spielen, wenn auch nicht mit dieser Dramatik, aber immerhin, nämlich die Aspekte Menschenrechte, Grundrechte. Diese scheinen mir vernachlässigt zu werden. Es wird zwar richtigerweise erkannt, daß die politische Integration und die wirtschaftliche Integration zu entwickeln wären, aber den europäischen Grundrechtskatalog und seine Durchsetzbarkeit auf europäischer Ebene vermisse ich in den Positionierungen Österreichs für die EU-Regierungskonferenz in dem Ausmaß, wie wir uns das aus liberaler Sicht wünschen würden.

Es fehlt uns da der Ansatz, den wir aus Sicht eines neu beigetretenen Landes viel leichter vertreten könnten als Staaten, die schon länger in der Gemeinschaft sind. Wir können als neu beigetretenes Land auch eine gewisse, ganz bewußte Blauäugigkeit aufbringen, indem wir sagen: Wir sind jetzt dabei, und wir wünschen uns!

Dieser interaktive Prozeß, um den es dabei gehen muß, ist eben harte Arbeit, denn Österreich ist natürlich ein kleines Land in einer großen Gemeinschaft. Aber vielleicht wäre es innenpolitisch für die österreichische Bundesregierung ganz nützlich, sich bewußt zu machen, daß die Zweidrittelmehrheit, die sie zu Hause hat, nicht auch in Brüssel wirkt. Dort wirkt sie nämlich nicht! Daher wäre es ganz, ganz wichtig, daß man auch bei der Anwendung der eigenen Möglichkeiten im Inland manchmal Bescheidenheit an den Tag legt und mit jenem Augenmaß agiert, das einem auf der internationalen Ebene sehr schmerzlich beigebracht werden wird.

Wenn wir uns nicht für die Festschreibung eines allgemeinen Diskriminierungsverbotes in Ansehung von Staatsbürgerschaft, Geschlecht, sexuelle Orientierung, ethnische Zugehörigkeit, Behinderung und Alter einsetzen, dann bleiben wir uns selber etwas schuldig. Wenn wir uns nicht dafür einsetzen, daß sich die Unionsbürgerschaft allmählich in Richtung auf eine vollwertige, der Staatsbürgerschaft verwandtere Rechtsfigur entwickelt, dann bleiben wir etwas schuldig.

In diesem Zusammenhang meine ich, daß es insbesondere Österreich gut anstünde, im Bereich des Asylverfahrens auf europäischer Ebene echte Initiativen zu setzen, für echte Harmonisierungen zu sorgen. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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