Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 399

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Bundeskanzler Vranitzky hat im Wahlkampf 1994 folgenden Spruch in ganz Österreich plakatieren lassen – das konnte wohl niemandem entgangen sein –: Die Jugend ist unser größtes Kapital. Sie verdient die beste Ausbildung. Es folgte die Regierungserklärung Vranitzky 1994: Für den Bildungsbereich gelte für die Regierung die Devise, daß Ausbildung die beste Investition in die Zukunft sei. Gleichzeitig kündigte er eine Bildungsoffensive an.

Zwei Jahre später, in der Regierungserklärung 1996, vernehmen wir ebenfalls schöne Worte: Die Zukunft eines Landes ist die Jugend, und die Zukunft der Jugend ist ihre Ausbildung. Jede Investition in die Ausbildung ist auch eine Investition in die Zukunft.

Jetzt kann man sagen: Jede Menge schöner Worte, Worthülsen ohne Inhalt, aber an sich sind diese Worte grundsätzlich eine Selbstverständlichkeit. Anders dürfte es nicht sein.

Leider Gottes sieht die Realität aber anders aus. Anstelle der immer wieder angekündigten Bildungsoffensive begeben wir uns mehr oder weniger unaufhaltsam in eine Bildungsdefensive. In der Bildung muß gespart werden, in der Bildung wird gespart. Dies läßt den Schluß zu, daß demnach unserer Regierung die Investition in die Jugend, die ja bekanntlich unsere Zukunft ist, doch nicht so viel wert ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

All das, obwohl die damals neu ins Amt getretene Frau Unterrichtsministerin mehrfach eindeutig weitere Einsparungen im Schulwesen für kommende Sparpakete öffentlichkeitswirksam ausgeschlossen hat.

In der APA-Meldung vom 13. 6. 1995 erklärt sie: Es kommt nicht das nächste Sparpaket. Man werde sich die Auswirkungen des jetzigen Sparpakets genau anschauen, bevor weitere Maßnahmen besprochen würden.

Gelungen, und es klingt fast wie ein schlechter Witz, ist die Aussage vom 18. Juni 1995 im "Kurier": Eines will sie – die Frau Bundesministerin – für kommende Sparpakete ausschließen, nämlich daß bei den Lehrern gespart wird. Die haben schon mehrfach gebüßt, als Beamte, als Lehrer und viele als Eltern bei den Kürzungen für die Familien.

Sehr geehrte Damen und Herren! Genau das Gegenteil zu diesen schönen Worten ist jetzt eingetreten. Und es ist recht geschickt gemacht. Unterrichtsstunden werden im Ausmaß von sechs Wochenstunden weggespart. Einfach so, ohne die gleichzeitig von der Frau Ministerin angekündigte Lehrplanreform, das heißt die Entrümpelung der Lehrpläne damit in Verbindung zu bringen. Es werden Unterrichtsgegenstände, wie Deutsch, Mathematik, Geschichte und – nicht zu vergessen – Englisch gekürzt. Gleichzeitig wird eine Fremdsprachenoffensive angekündigt.

Natürlich können die Schulen im Rahmen der Schulautonomie – das wird ihnen ausgerichtet – laut der Frau Bundesministerin selbst entscheiden, wo eingespart werden soll, welche Fächer gekürzt werden. Sollten die Schulen aber auf keinen grünen Zweig kommen, dann hat die Frau Bundesministerin schon ein Patentrezept zur Hand, und sie weiß auch schon, wo eingespart werden kann, nämlich bei der Allgemeinbildung, bei den oben genannten Fächern. – Ein bedenklicher Vorgang.

Geschickt ist es aber auch deshalb gemacht, weil dabei den Schülern und Eltern – als unmittelbar Betroffenen – natürlich eingeredet wird, daß die Schüler entlastet werden, wie das auch die Frau Kollegin Schaffenrath schon angeschnitten hat. Zu befürchten ist aber, daß dieses ersatzlose Streichen von Unterrichtsstunden bei unveränderten Lehrplänen, Lehr- und Lernzielen zwangsweise natürlich auf Kosten der Übungszeit jedes einzelnen Schülers und jeder Schülerin geht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das wollen Sie wirklich, Frau Ministerin?) Das heißt, die Übungszeit wird in den privaten Bereich – also in den häuslichen Bereich, zur Hausübung – verlagert, wo dann natürlich kein Lehrer beziehungsweise keine Lehrerin zur Seite steht und hilft, wenn es Probleme gibt. Und das in Zeiten, in denen für Nachhilfeunterricht bereits rund eine Milliarde Schilling pro Jahr umgesetzt wird. Daß sich dieser unerfreuliche Zustand dadurch nicht verändern wird, liegt wohl klar auf der Hand.


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