Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 476

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wird es möglich sein, daß sich jeder Arzt eine Universitätsklinik zu sich nach Hause in die Praxis holen wird. Es wird möglich sein, daß ich als Radiologin aus Linz mit einem Kollegen aus Boston Diagnose und Therapiemöglichkeiten im virtuellen Raum online diskutiere.

Was ich Ihnen damit sagen möchte, ist, daß wir zukunftsorientiert denken müssen, daß wir es uns nicht nehmen lassen dürfen, auch in der Politik Visionen zu entwickeln, daß wir offensiv auf neue Entwicklungen in Technik und Gesellschaft zuzugehen und rechtzeitig die Antwort der Politik darauf zu geben und steuernd, fördernd oder korrigierend einzugreifen haben. Unsere Gesundheitspolitik ist von einem genauso reaktiven Geist geprägt wie die österreichische Politik schlechthin.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich mir aber jetzt einen "Ruf zur Sache" vom Präsidium einhandle, möchte ich mich verbal noch einmal zum österreichischen Gesundheitsbudget hinbewegen. Das von Ihnen heute zu beschließende Budget trägt die Handschrift der vom Kollegen Guggenberger ins Spiel gebrachten Kommission, die er, wie ich eingangs zitierte – Sie waren leider nicht anwesend – eigentlich in die Wüste schicken wollte.

Dieses Budget zum Kapitel Gesundheit ist logische Konsequenz einer über Jahre in vielen Bereichen verschlafenen und kompetenzarmen österreichischen Gesundheitspolitik (Beifall bei den Freiheitlichen) , aber es ist auch das Ergebnis einer Koalition aus Parteien, die aus kurzfristigen Budgetnöten ein Zahlenwerk zusammengezimmert hat, das weder den Anforderungen einer zukunftsorientierten Gesundheitspolitik gerecht wird noch den Menschen in seinen elementaren Bedürfnissen beachtet. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. (Rufe bei der SPÖ: Der berühmte Dr. Rasinger!)

17.17

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute schon oft vom "Megathema" geredet worden. Ich werde Ihnen sagen, was das wirkliche Megathema ist. Das wirkliche Megathema der Gesundheitspolitik ist nicht, wie Frau Abgeordnete Petrovic meint, die Gentechnologie, da ist der Zug schon längst abgefahren (Abg. Ing. Langthaler: In Welche Richtung?) , und was die Medizin anlangt, sind wir sogar sehr dankbar, daß es sie gibt – wenn Sie eine Erbkrankheit hätten, wären auch Sie dankbar, wenn da weiter geforscht würde, und das geschieht auch –, sondern das Megathema ist die Frage der Rationierung der Medizin.

Wir alle nehmen das als so selbstverständlich hin. Ich habe in meiner letzten Rede darauf hingewiesen, daß in Amerika statt 40 Millionen Amerikaner in fünf bis acht Jahren etwa 60 Millionen Amerikaner keinen Versicherungsschutz haben werden.

Wissen Sie, was das bedeutet? – Das heißt, wenn Sie ins Spital gehen und Krebs oder ein schwerkrankes Kind haben, sagt man im Spital: zuerst Kreditkarte, dann Behandlung. Gott sei Dank, sind wir in Österreich nicht so weit, und das ist ein Wert. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich sage Ihnen gleich, wen es treffen wird. Ich sage Ihnen gleich, warum ich auf diesem Thema herumreite und wen es treffen wird: Treffen wird es Behinderte, möglicherweise Mindestrentner, Mehrkinderfamilien, Menschen mit Mindesteinkommen und Arbeitslose. Ich sage Ihnen als Arzt und Insider: Wir stehen, wenn wir nicht gegensteuern, an der Stufe zu einem System, das nicht finanzierbar sein wird und bei dem vor allem etliche Leute in Richtung Zwei-Klassen-Medizin hineinrutschen werden. Und das will ich verhindern!

Nehmen Sie nur einmal die Zahl der Ärzte, die keinen Kassenvertrag haben. Mittlerweile hat die Hälfte aller Ärzte, die niedergelassen sind, überhaupt keinen Kassenvertrag. Das heißt, sie sind für einen normalen Bürger, der finanziell nicht drauflegt, gar nicht zugänglich. (Abg. Dr. Graf: Wer ist dafür zuständig? Das ist die Gesundheitspolitik!)


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