Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 569

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mit Sachfragen und deren Entscheidungen nicht besonders viel zu tun." (Abg. Mag. Stadler: Ungeheuerlich! Der Rechtsstaat ist die "Bassena"!)

Meine Damen und Herren – insbesondere Sie von der Österreichischen Volkspartei –, Sie müssen zur Kenntnis nehmen, daß Ihnen Ihr eigener Regierungskollege Einem ausrichten läßt, daß Sie auf "Bassena-Niveau" die Fragen der Sicherheit Österreichs diskutieren, daß ein Minister, der auf die Verfassung vereidigt ist, den Versuch des Parlaments, die Befolgung von oberstgerichtlichen Entscheidungen bei einer Regierung durchzusetzen, damit quittiert, daß er sagt: Ihr diskutiert das auf Bassena-Niveau, mich interessiert das nicht. Ich, der Herr Einem, habe meine eigene Gesetzgebung!

Das, meine Damen und Herren, kann vom Parlament nicht akzeptiert werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das, was sich hier abspielt, das, was sich in den letzten Tagen aufgrund von Aussagen dieses Ministers abspielte, bedeutet eine brutale Mißachtung jeglicher rechtsstaatlicher Grundsätze. Dieser Minister verhält sich wie ein Elefant im Porzellanladen, der auf dem herumtrampelt, was Verfassungsprinzipien sind, was Gesetz heißt und was Richterentscheidung heißt, Dinge, die von jedem zu respektieren sind, der ein einigermaßen rechtsstaatliches Denken hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es geht ja noch weiter, das ist ja nur der erste Teil der Erklärung des Herrn Ministers. Er sagte dann – wörtliches Zitat –: "Denn die Frage, ob wir weiter so vorgehen wie bisher in der Sache kriminelle Organisation, ist eine politische und nicht etwas" – und jetzt kommt es! –, "was ein Richter zu entscheiden hat" – fügte der Innenminister hinzu. (Abg. Mag. Stadler: Unglaublich! Ein Schlag in das Gesicht des Rechtsstaates!)

Meine Damen und Herren! Ich frage Sie jetzt auch als Sozialdemokraten: Sind Sie der Meinung, daß es wirklich in Ordnung ist, daß ein Minister, der als Hüter von Recht und Ordnung im Sicherheitsressort besonders gesetzestreu sein müßte, sagt: Was kümmert mich ein oberstgerichtlicher Entscheid? Das ist nicht eine Sache, die Richter zu entscheiden haben! Ich kümmere mich nicht darum! Ich fühle mich nicht gebunden!

Das ist eine Verweigerung der Anerkennung des Rechtsstaates! Ein Minister, der sich weigert, rechtsstaatliche Prinzipien anzuerkennen, hat doch auf der Regierungsbank einer demokratischen Regierung nichts mehr verloren! Das kann doch nicht toleriert werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist der wahre Hintergrund! Minister Einem erteilt Weisungen, damit Leute, die illegal in Österreich sind, in unserem Land bleiben können – gegen das Gesetz! Er erteilt Weisungen, daß Leute einreisen können, die in Wahrheit in diesem Lande nichts verloren haben – gegen das Gesetz! Er will Weisungen geben, damit die Ausländergesetze in seinem Sinne und nicht so, wie es wir im Parlament beschlossen haben, vollzogen werden.

Weisung!, Selbstherrlichkeit eines Ministers!, Überheblichkeit!, Verweigerung des Rechtsstaates und Mißachtung demokratischer Prinzipien!: Das ist das, was wir hier in diesem Parlament nicht mehr zur Kenntnis nehmen!

Wenn Sie sich das gefallen lassen, dann stimmt das, wofür ein Abgeordneter gerügt worden ist: daß dieses Haus schön langsam nur mehr aus Marionetten besteht, die man beschimpfen kann. Hier wird der Rechtsstaat mit Füßen getreten, weil die Selbstherrlichkeit der Minister dazu führt, daß sie sagen: Was kümmern wir uns um die Gesetze! Was kümmern wir uns um den Inhalt des Gesetzgebers! Was kümmern wir uns um die Entscheidung eines Gerichtshofes! Wir sind selbstherrliche Minister, und wir machen unsere eigene Politik!

Noch ist es nicht so weit, daß es diese Regierung schaffen kann, die Verfassung zu mißachten, noch gibt es ein Parlament, das das einklagt, und noch werden wir versuchen, die kritischen Abgeordneten in den anderen Parteien, insbesondere jene in den Regierungsparteien, zu mobilisieren, doch einmal darüber nachzudenken, zu welcher Entwicklung es hier gekommen ist.


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