Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 48

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die Zahlen der Arbeitslosenstatistik in Österreich, verglichen mit dem EU-Durchschnitt, verglichen mit denen der USA in absoluten Prozentzahlen sogar sympathisch ausnehmen: Man muß natürlich froh sein, wenn man nur eine Arbeitslosenrate von 4 Prozent hat, während es im EU-Durchschnitt 11 Prozent sind. Aber das ist eine statische Betrachtungsweise. Wenn man das dynamisch sieht, bemerkt man, daß außer in Österreich und in Griechenland in allen EU-Staaten der Trend sinkend ist. In Österreich und in Griechenland ist der Trend in bezug auf die Arbeitslosigkeit steigend. Das ist das eigentliche Problem!

Da beruhigt es mich nicht, daß der Ausgangswert zwar derzeit noch relativ niedrig ist, der Trend aber steigend ist. Und es kommt bitte mindestens so sehr auf den Trend wie auf die absoluten Zahlen an. Daher meine ich: Man darf sich eben nicht zurücklehnen und sagen: Wir haben 20 000 Arbeitsplätze mehr im Vergleichszeitraum, wie Herr Bundesminister Hums das gesagt hat. Das ist zwar eine objektive Tatsache, aber auch wieder statisch betrachtet, denn parallel dazu ist das Arbeitskräfteangebot gestiegen, und zwar überproportional – daher haben wir eine steigende Arbeitslosigkeit.

Es kann nicht darum gehen, daß wir für jene Menschen, die heute schon in Arbeit stehen, das einigermaßen absichern, und jene, die vielleicht vorübergehend aus dem System fallen, wieder hereinholen, sondern wir müssen erkennen, daß wir mit wachsenden Arbeitsmärkten konfrontiert sind. Ich mache nur einen kleinen Eintrag: Wenn sich erst einmal das, was wir im Bereich der Frauenemanzipation zu entwickeln haben und wo wir in Österreich weit hinten sind, positiv entfalten wird, dann wird das gleichzeitig bedeuten, daß das Arbeitskräfteangebot insgesamt steigen wird. Das müssen wir positiv sehen – und auch positiv darauf reagieren. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die ganze Ratlosigkeit beider Herren aus der Bundesregierung hat sich meiner Ansicht nach am Begriff "Lohnnebenkosten" deutlich gemacht. Auf der einen Seite hat Herr Bundesminister Ditz in einem Halbsatz betont: Unnötige Lohnnebenkosten sind zu senken. Vorsichtshalber hat er es aber unterlassen, irgendwelche bestimmte Lohnnebenkosten beim Namen zu nennen. Er hat also nur gemeint: "unnötige senken". Das ist eine Leerformel, nicht ergiebig, und ich frage mich, warum der auch für das Energiewesen zuständige Herr Bundesminister nicht sofort zu Überlegungen hinsichtlich der endlich aufzugreifenden ökologischen Steuerreform gefunden hat, sodaß sich selbstverständlich – und das ist ja Stand der Diskussionstechnik – Lohnnebenkostensenkungen gegen Energiesteuern aufkommensneutral aufheben.

Die Bundesregierung hat jetzt in einem einseitigen Schritt ausschließlich Energiesteuern angehoben, ohne Lohnnebenkosten zu senken. Das kann es doch nicht gewesen sein. Ich hätte mir mindestens die Ankündigung erwartet, daß in der von uns beantragten Enquetekommission einerseits eine echte Diskussion stattfindet und daß man den Unternehmen und auch den Arbeitnehmern mitteilt, daß man sich ganz fest vornimmt, in spätestens zwei Jahren eine ökologische Steuerreform durchgeführt zu haben. Daß man heute in Kauf nimmt, zur Sanierung des Budgets vorübergehend Mehreinnahmen zu brauchen, wäre eine ehrliche Aussage der Regierung, aber man sollte dazusagen, daß man in spätestens ein oder zwei Jahren mit der Senkung der Lohnnebenkosten beginnen wird, nachdem man die Einnahmen schon gesichert hat, die das ermöglichen sollten, nämlich die Energiesteuer. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Selbstverständlich liegt auch zu diesem Punkt seit 15. Jänner dieses Jahres ein entsprechender Antrag des Liberalen Forums in diesem Haus und harrt der Diskussion und Bearbeitung in den zuständigen Ausschüssen. Wenn aber gleichzeitig Bundesminister Hums in der Wortmeldung nach Herrn Bundesminister Ditz ausführt, die Lohnnebenkosten sind der einzige Garant für die soziale Sicherheit, dann sehen Sie, daß die Bundesregierung da im Kreis geht und noch nicht einmal ansatzweise die Idee entwickelt wurde, daß man vielleicht soziale Sicherheit auch anders finanzieren kann als ausschließlich über Lohnnebenkosten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Natürlich wird es dann dabei darauf ankommen, daß man einen neuen Sozialkontrakt schließt, daß man die Solidarität wirklich wieder belebt, statt sie durch Bürokratie zu ersticken, daß man den Menschen sagt, was man wirklich erreichen will, daß man sich dazu bekennt, in einer Gesellschaft zu leben, in der niemand, aber wirklich niemand im Stich gelassen werden soll –


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