Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 108

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nen bezahlt werden muß. Das ist eine echte arbeitsmarktpolitische Maßnahme, um die Situation der älteren Arbeitnehmer zu verbessern, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben – zugegebenermaßen – Probleme, aber wir bemühen uns, diese Probleme zu lösen, Alternativen aufzuzeigen. Der richtige Weg einer vernünftigen Arbeitsmarktpolitik ist heute von den beiden Ministern Ditz und Hums aufgezeigt worden. (Beifall bei der ÖVP.)

16.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte.

16.36

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte mich dem Lob des Kollegen Feurstein für das Arbeitsmarktservice anschließen. Ich bin nämlich überzeugt davon, daß die Bedeutung dieser Institution in Zukunft noch steigen wird. Denn bei all dem, was sich im industriellen und gewerblichen Bereich aufgrund der rasanten Entwicklung abspielt, werden wir es in Zukunft wahrscheinlich mit einer gewissen Anzahl von Menschen zu tun haben, die nicht imstande sind, das Tempo mitzuhalten, das in der Produktionsgesellschaft auf der Tagesordnung steht. Das heißt, es wird eine Reihe von Menschen geben, die aus dem Produktionsprozeß sozusagen hinausgeschleudert werden. Und da wird es ganz entscheidend sein, wie kreativ das Arbeitsmarktservice diesen Menschen alternative Beschäftigungsmöglichkeiten bieten kann. – Daher ist das absolut keine Defensivorientierung, und es ist wirklich nicht so, daß nur Arbeitslosigkeit verwaltet würde, sondern es werden der österreichischen Bevölkerung in ganz entscheidenden Sektoren künftige Chancen geboten.

Ich kann Ihnen allerdings nicht applaudieren, Herr Kollege Feurstein, wenn Sie meinen, das nunmehr beschlossene Budget wäre eine Abkehr vom Keynesianismus gewesen. Abgesehen davon, daß, wenn man internationale Wirtschaftszeitungen liest, dieser offensichtlich gar nicht so unmodern geworden ist, besteht ja der Kern der keynesianischen Theorie darin, daß es gerade aus der Erfahrung der Weltwirtschaftskrise 1929 heraus notwendig ist, daß in bestimmten Situationen die Nachfrage durch den Staat stimuliert wird, aber daß man – sobald sich die Situation wieder gebessert hat – imstande sein muß, die Verschuldung des öffentlichen Haushaltes zurückzunehmen, wenn nämlich das Ziel, das ein kurzfristig angelegtes ist, erfüllt ist.

Ähnlich ist dies auch in Österreich heute der Fall. Sie wissen ganz genau, daß wir im Jahr 1993 wesentliche Budgetausweitungen infolge einer Rezession vornehmen mußten, uns jetzt aber in einer Phase befinden, in der wir gezwungen sind, diese Budgetausweitungen in einem gewissen Maße zurückzunehmen.

Ein weiterer Punkt und eigentlich der Kern dessen, was mich heute interessiert: Da über eine Reihe sozialpolitischer und wirtschaftspolitischer Fragen, was eine Binnenorientierung anlangt, bereits gesprochen wurde, soll der Kontext lauten: Beschäftigungspolitik und Europäische Union. Und ich meine, daß dieser Zusammenhang heute noch zu wenig beleuchtet wurde.

Worin besteht das Problem steigender Arbeitslosenraten im europäischen Zusammenhang? – Das Kernproblem besteht doch darin, daß es zu einer Steigerung des Arbeitskräftepotentials gekommen ist, und mit dem konnte man bezüglich Wachstumstrends in Europa nicht mithalten. Es stellt sich die Frage: Wieso konnte bezüglich Wachstumstrends in den letzten Jahren mit dieser Entwicklung nicht mitgehalten werden?

Es gibt im übrigen keinen empirischen Befund, der bestätigen würde, daß die Beschäftigungsintensität des Wachstums abgenommen hätte und daß es so etwas wie beschäftigungsloses Wachstum gäbe. – Die Beschäftigungsintensität ist mehr oder weniger gleich geblieben.

Die Probleme, daß es zu keiner Wachstumsentwicklung im erforderlichen Maße gekommen ist, liegen in einem anderen Bereich. Wie Sie wissen, waren alle westeuropäischen Staaten, was ihre öffentlichen Haushalte betrifft, relativ hoch verschuldet, und dies hat unter anderem zu hohen Realzinsen geführt. Das hatte weiters zur Folge, daß Investitionen im betrieblichen Bereich weit weniger lukrativ waren, daß es eine starke Verlagerung hin auf den Finanzsektor gab


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