Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 23. Sitzung / Seite 61

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gebers, daß man eben für so Kleinigkeiten, für "Peanuts" nicht die Leute immer gleich vorbestraft haben möchte, nicht so und in dem Maße umgesetzt wird, wie wir es uns vorgestellt haben.

Wir sollten uns daher aus diesem Anlaß vornehmen, daß wir im Zusammenhang zum Beispiel auch mit dem Strafrechtsänderungsgesetz das noch einmal andiskutieren und uns überlegen, wie man das vernünftigerweise verbessern könnte – das vor allem auch, liebe Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses, wenn man sich vor Augen hält, daß es dann noch dazu eine regionale Streuung gibt, daß es ein Ost-West-Gefälle im Bereich der Rechtssprechung – mit dem ich mich dann später noch ein bißchen befassen möchte – auch in diesem Bereich gibt. Ich bleibe gleich beim Ost-West-Gefälle.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es vergeht, glaube ich, keine Justizdebatte, in der es um Strafrechtsfragen geht, in der sich nicht zumindest ein Redner, meist aber mehrere, mit diesem Phänomen der österreichischen Rechtskultur befassen. Ich muß das auch heute wieder tun, weil auch anhand dieses aktuellen Sicherheitsberichtes 1994 der Nachweis zu erbringen ist, daß es dieses Ost-West-Gefälle nach wie vor gibt und daß zum Beispiel jemand, der im Bereich des Oberlandesgerichtes Wien wohnt oder tätig ist, eine viermal höhere "Chance" – in negativem Sinne – hat, in Untersuchungshaft genommen zu werden als beispielsweise jemand, der im Bereich des Oberlandesgerichtes Innsbruck wohnt. – Kollege Krüger schmunzelt hier beifällig. Sie haben ja recht. Ich muß nur eines dazusagen: Wir im Bereich des Oberlandesgerichtes Wien sind am schlechtesten, und Sie im Bereich des Oberlandesgerichtes Linz sind am zweitschlechtesten dran. Also: Wien und Linz sind wesentlich schlechter dran, was das betrifft. (Abg. Dr. Ofner: Vergiß bitte Graz nicht!) Graz ist ein spezielles Problem. Da hat Kollege Ofner auch recht, aber das ist leider in diesen zehn Minuten jetzt nicht unterzubringen. (Abg. Dr. Ofner: In Graz gibt es keine bedingte Entlassung!)

Das ist das nächste, mit dem ich mich befassen möchte, darum sei bitte so nett und lenke mich nicht ab, sonst sind meine zehn Minuten Redezeit vorbei, und ich habe nicht das untergebracht, was ich unterbringen wollte. (Abg. Dr. Krüger: Also keine Zwischenrufe mehr!) Nein! Zwischenrufe sind ja Dialoge im Sinne einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dieser Sache; das macht nichts.

Faktum ist jedenfalls, daß wir es in diesem Bereich aufgrund der gesetzlichen und vorhandenen organisatorischen Gegebenheiten bis heute nicht geschafft haben, einen einheitlichen – ich nenne es einmal so – Rechtsverwirklichungszustand in Gesamtösterreich zu erreichen. Wir sind dazu aufgerufen, daran gemeinsam mit den Verantwortlichen des Ressorts, mit den Verantwortlichen bei den Gerichten zu arbeiten, damit sich diese Unterschiede sozusagen auspendeln.

Noch ein kurzer Exkurs, weil ich beim Thema Untersuchungshaft, Freiheitsstrafen et cetera bin, vielleicht auch ein bißchen in eine bestimmte Richtung – es hat bis jetzt von der FPÖ nur der Kollege Schweitzer gesprochen –: Mir ist beim Phänomen Untersuchungshaft aufgefallen, daß zum Beispiel Ausländer in Österreich wesentlich häufiger und wegen wesentlich geringfügigeren Delikten in Untersuchungshaft genommen werden als Österreicher. (Abg. Mag. Trattner: Weil sie keinen ordentlichen Wohnsitz haben!)

Mag schon sein, Herr Kollege! – Das Licht blinkt schon. Um Gottes willen, sind wirklich schon neun Minuten um?

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die Uhr ist untrüglich, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (fortsetzend): Daß Österreicher, was den Bereich der Untersuchungshaft anlangt, besser behandelt werden als Ausländer, läßt den Umkehrschluß zu, daß Behauptungen der FPÖ in die Gegenrichtung, daß Ausländer es in Österreich so gut hätten, wenn sie etwas anstellen – zumindest von der Logik her –, nicht ganz stimmen können.

Ich komme auch noch zu einem Punkt, den ich unterbringen muß, weil das etwas Positives ist und mich besonders freut. – Wenn man sich diesen Sicherheitsbericht anschaut, sieht man, daß die Verurteilungshäufigkeit bei Jugendlichen stark sinkend ist, und zwar aus zwei Gründen nach


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