Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 23. Sitzung / Seite 201

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ich den Tarif ansetze!) Es wird aber langsam abenteuerlich, angesichts der strukturellen Ausgangslage der österreichischen Landwirtschaft im harten Wettbewerb des Binnenmarktes, bei Degressionen, die bereits bei Kleinbetrieben mit 10 Hektar beginnen, von Grundsicherung zu reden. Gleichzeitig – Sie hätten sich eben die Studie durchlesen sollen – vertritt man die Meinung, daß neben dieser Grundsicherung auf Quotensicherung, auf Mengensteuerung in der Produktion, auf Außenhandelsschutz in der WTO verzichtet werden könnte.

Ich sage daher ganz offen: Wenn man diese Vorschläge durchdenkt und sich einigermaßen mit der Sache beschäftigt, kommen wir im Grunde genommen zu einer Politik, die sich ausschließlich in sozialpolitischen Grundsicherungsmaßnahmen für die Landwirtschaft erschöpft, und sonst begeben wir uns in den liberalen Wettbewerb einer WTO, der letztendlich auch von Landwirtschaftssystemen mit geprägt ist, die für unsere Gesellschaftsordnung, für unsere kulturelle Tradition und multifunktionale Verantwortung, die wir in der österreichischen Landwirtschaft wahrzunehmen haben, nicht nur im Interesse der Bauern, sondern im Gesamtinteresse der breiten Bevölkerung, dann verlorengehen würden.

Wer derartige Konzepte vertritt, der muß sich in einer sachlichen Diskussion den Vorwurf gefallen lassen, daß es ihm im Grunde genommen um politische Alibi-Bauern in einer Reservatfunktion – vergleichbar mit den Indianerreservaten in Amerika –, also um eine gesellschaftspolitische Veränderung geht und nicht um eine Zukunftssicherung für die Bauern. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. ) Kollege Firlinger! Ich glaube, daß eine derartige Zielsetzung mit den von Ihnen vorgegebenen Grundwerten in der Politik in keiner Weise vereinbar wäre.

Meine geschätzten Damen und Herren! Ich lade Sie ein – und ich glaube, daß die Wortmeldung des Kollegen Gradwohl durchaus ein Signal in diese Richtung war –, diese Diskussion sachlich, auch unter verschiedenen Aspekten zu führen, aber gestehen Sie uns als Vertreter der Landwirtschaft – ich bin praktizierender Bauer – bitte eines zu: Es kann einfach nicht funktionieren, daß man bei einer sehr starken Veränderung der politischen Situation, die wir mit dem EU-Beitritt herbeigeführt haben, einen wichtigen und in der Sicherung der Lebensgrundlagen unverzichtbaren Berufsstand völlig von der allgemeinen politischen Diskussion isoliert und von ihm Bedingungen verlangt, die niemand erfüllen kann und die bislang auch noch nirgends zufriedenstellend erfüllt worden sind. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl. )

Herr Kollege Gradwohl! Es ist vom Minister mehrmals darauf hingewiesen worden; ich bin überzeugt, der Herr Bundesminister wird das auch heute tun. Weil diese Studie geradezu himmelschreiende Sachmängel aufweist, ist sie in einen Vergleich mit wissenschaftlich substantiell erarbeiteten Studien zu stellen. Ich muß Ihnen dazu sagen: So erreichen wir nur eines, nämlich die Öffentlichkeit zu irritieren und unter Umständen neben dem Horrorszenario der Frau Kollegin Aumayr auch noch ein zweites Horrorszenario unter dem wissenschaftlichen Mäntelchen zu produzieren. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. )

Ich bin sicher, aufgrund des Grundtenors Ihrer heutigen Wortmeldung, daß das nicht in unser beider Interesse liegt. Daher lade ich dazu ein, diese Diskussion so zu führen, daß wir sie gemäß den sonstigen politischen Gepflogenheiten auch für die Landwirtschaft auf einem entsprechenden Sachniveau weiterverfolgen können. (Beifall bei der ÖVP.)

23.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Koller. Er hat das Wort.

23.37

Abgeordneter Franz Koller (Freiheitliche): Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Zahlen über die Abwanderung aus der Landwirtschaft sind allen bekannt. Kollege Schwarzenberger! Die Zahlen, die Kollegin Aumayr genannt hat, sind keine Horrorzahlen. Im Durchschnitt beträgt die Abwanderung 5 Prozent, und bei den Jungbauern, den zukünftigen Hoferben, ist die Zahl doppelt so hoch, da beträgt sie sogar 10 Prozent. Genau diese Situation ist besorgniserregend.

Die steirische Kammer und auch das Arbeitsmarktservice haben eine Stiftung gegen das Bauernsterben installiert. Laut Joanneum-Research werden in der Landwirtschaft in der Steier


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