Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 23. Sitzung / Seite 219

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Wir sitzen jetzt aber nun einmal in gemeinsamen Boot Europa, und wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß jetzt Fehler, die andere machen – wie etwa die Engländer – auch von den Österreichern mitzutragen sind, daß die Österreicher, auch wenn sie gar nichts dafür können, Schaden erleiden durch einen Fehler, den ein anderer Mitgliedstaat macht.

Es geht jetzt darum, sich in dieser Europäischen Union durchzusetzen. Ich glaube, daß es in Zukunft notwendig sein wird, in wichtigen Fragen nationalen Konsens herzustellen, um gemeinsam in Brüssel auftreten zu können und wichtige Anliegen für unser Land insbesondere auch in der Gemeinsamen Agrarpolitik durchzusetzen.

Ich empfinde es als empörend und unverständlich, daß ein Österreicher an der Spitze der Kommission, nämlich Kommissär Fischler, diesen Grundsatz völlig mißachtet und durchbricht. Ich weiß schon, daß er für alle Mitgliedstaaten da ist. Es ist für mich aber trotzdem empörend, daß Fischler jetzt eine Lockerung des Importverbotes für britisches Rindfleisch fordert. (Abg. Haigermoser: Das ist ein Skandal!)

In diesem Zusammenhang muß ich Ihnen, Herr Minister – obwohl es mir gar nicht zusteht und auch nicht meine Aufgabe ist –, und auch Frau Minister Krammer wirklich einmal ein Lob aussprechen dafür, daß sie die österreichische Position in Brüssel hart vertreten haben.

Herr Bundesminister! Kritisieren muß ich Sie aber dafür, daß Sie bis heute nicht in der Lage waren, die massiven Einkommenseinbrüche, die die österreichischen Bauern durch die Rinderseuche BSE erlitten haben, auszugleichen. Sie wissen, daß in der Europäischen Union – das hat unsere Kollegin Aumayr heute bereits erwähnt – viel überschüssiges Geld vorhanden ist. Wir können doch nicht tatenlos zuschauen, wie fast ausschließlich die englischen Verursacher alles einstreifen, für die österreichischen Bauern bis dato aber fast nichts getan wurde!

Die einzige Aktion war eine Interventionsmaßnahme, und Sie werden mir recht geben müssen, daß diese Interventionsmaßnahme bei der Europäischen Union bei weitem nicht ausreicht, um die massiven Preis- und Einkommensverluste der österreichischen Bauern wettzumachen.

Daher ist es auch kein Wunder, wenn 10 Prozent der potentiellen Hofübernehmer heute sagen: Ich hänge den Hut an den Nagel, ich will den Hof meiner Eltern nicht mehr weiter bewirtschaften. Diese Tatsache muß uns allen Anlaß zum Nachdenken sein. 10 Prozent der Jugend in der Landwirtschaft sind innerhalb eines einzigen Jahres, nämlich im ersten Jahr nach unserem EU-Beitritt, von der Landwirtschaft abgewandert. Da müssen doch die Alarmglocken läuten!

Ein Grund dafür ist auch, daß die Jugend wirklich keine Perspektiven mehr sieht. Zum Beispiel ist heute in einer Zeitschrift zu lesen, daß eine deutsche Handelskette Haltbarmilch zum Preis von 3,50 S – 3,50 S! – für den Konsumenten anbietet. Dieser Preis liegt unter den Gestehungskosten für Rohmilch in Österreich. Von diesen Riesenhandelsketten in der Europäischen Union wird jetzt versucht, mit einer Marketingoffensive auch den österreichischen Markt zu erobern. Sie wissen ganz genau, Herr Schwarzenberger, was uns erwartet: ein enormer Konkurrenzkampf und ein enormer Wettbewerbsdruck, was vielen österreichischen Milchbauern wahrscheinlich das wirtschaftliche Leben kosten wird. Und wieder werden Tausende Arbeitsplätze verlorengehen. Wo bleiben die Perspektiven, wenn der Rinderpreis innerhalb kürzester Zeit von 56 S auf 36 S fällt? – In Anbetracht dessen ist es verständlich, daß die Jugend sagt: Es hat keinen Sinn mehr, mit unseren Strukturen, unseren Produktionsvoraussetzungen und den Rahmenbedingungen, die diese Bundesregierung stellt, können wir nicht mehr mithalten.

Herr Kollege Gradwohl! Zu Ihnen möchte ich auch ein Wort sagen: Ich muß Kollegen Schwarzböck recht geben, der kryptisch angedeutet hat, daß man, wenn man eine Verteilungsdiskussion führt, auch das Gesamte sehen muß. Das Durchschnittseinkommen aller Bauern betrug laut Grünem Bericht über das Jahr 1994 – und darüber diskutieren wir heute – 144 000 S. Das Durchschnittseinkommen der – unter Anführungszeichen – "Spitzenverdiener" in der Landwirtschaft im nordöstlichen Flach- und Hügelland betrug im Jahre 1994 226 000 S. Das sind, wenn man das durch 14 dividiert, in etwa 16 000 S monatlich.


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