Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 129

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konfliktträchtig und besteht ohne Zweifel aus Interessenkonflikten, und hier gibt es unterschiedliche Verhaltensweisen und unterschiedliche Konzeptionen.

Ich glaube, man kann das gar nicht alles diskutieren, wenn man nicht auch die politische Kultur und die mediale Kultur kurz beleuchtet. Ich will das nur zu Beginn meiner Wortmeldung kurz aufarbeiten.

Denken wir doch daran, daß bei einem wachsenden Wechselwähleranteil – im Gegensatz zu den Wahlen der fünfziger und sechziger Jahre – die Bedeutung der Wahlentscheidung, die Wahlbeteiligung und letztlich auch die Wahlentscheidung selbst von der Art der Berichterstattung bestimmt werden. Das heißt, die Wertigkeit der Berichterstattung hat zugenommen – und damit in einem gewissen Sinne auch die Abhängigkeit der Politik. Das muß man wissen, wenn man das diskutiert und wenn man dann den puristischen Standpunkt einnimmt, sich hier herstellt und so tut, als würde die ganze Welt nur aus lauter mutigen Politikern bestehen. – Sie besteht nicht nur aus mutigen Politikern. (Abg. Dr. Haselsteiner: Das haben wir gemerkt!)

Na gut, dann arbeiten wir einmal die verschiedenen Prostitutionsverhaltensweisen auch von Oppositionspolitikern gegenüber mächtigen Medien in Österreich auf. (Beifall bei der SPÖ.) Da brauchen wir uns nur die Zeitgeistmagazine, die Tageszeitungen anzuschauen, wo sich der eine oder andere Politiker am Themensurfing und am Medienstream beteiligt, dem das dümmste Photo nicht dumm genug ist, nur damit es erscheint, dem die platteste Aussage nicht platt genug ist, nur damit sie vorkommt, nur damit er seine jämmerliche Medienpräsenz erhöht, öfters in den Medien vorkommt und dann sagen und vortäuschen kann: Ich habe Gestaltungskompetenz. Ich stehe für etwas. Ich will etwas verändern. – Ob es dann wirklich passiert, ist ihm egal. Dem Medium übrigens auch. Das hat dann seine Auflagenzahl erhöht, das hat seine Einschaltquoten erreicht. Der Politiker hat irgend etwas vorgetäuscht, vorgetäuscht, daß er Politiker ist. Alle beide sind zufrieden, und die Sache ist zu Ende. Das ist auch Politik, das ist in Wirklichkeit Unpolitik.

Das ist eine Art von Politik, die es letztlich auch nicht ermöglicht, daß es ein geschlossenes Vorgehen der Politik gibt, wenn man die Medienlandschaft wirklich gestalten will, und das muß es geben. Aber da sind immer welche, die scharwenzeln und hinterrücks sich die Dinge ausmachen, die berühmten Bristol-Treffen organisieren – und was weiß ich, was es da noch alles geben mag. Das betrifft auch Oppositionspolitiker – dann schaue ich da herüber –, die mit den Unterläufern oder gleich mit den Zentren Kontakt aufnehmen und dann immer gestreichelt werden. Sie können den größten Unsinn sagen – sie werden gestreichelt, weil es halt irgendwo eine Beziehung gibt. Also man sollte wirklich nicht vergessen, daß das auch ein Bestandteil unserer politischen Kultur ist.

Da gibt es dann die Belohnungs- und Bestrafungssysteme: Wenn du brav bist und eine Indiskretion hast laufen lassen, dann kommst du drei Tage später plötzlich vor, und dann heißt es: Was hat dieser seriöse Politiker wieder für eine gescheite Initiative gestartet! – In Wirklichkeit ist sie wahrscheinlich grunddumm, aber dafür wird dann etwas anderes irgendwann einmal berichtet. Da lacht dann ein jeder insgeheim da herinnen, und da will ich keinen Unterschied sehen zwischen den Mächtigen und den weniger Mächtigen; Frischenschlager hat das so diabolisch formuliert, er hat vom "Zugriff der Mächtigen" gesprochen, wo es gleich jeden von uns schüttelt, wenn er das Wort in dem Zusammenhang hört, selbst wenn es vom liberalen Frischenschlager gesagt wird.

Aber das, bitte, sind Dinge, die wir, wenn wir ehrlich diskutieren wollen, nicht vergessen dürfen. Und ich würde den Appell des Herrn Bundeskanzlers wirklich ernst nehmen und sagen: Reden wir einmal ganz offen über unser Verhältnis, das wir zu den Medien haben. Ich sage das auch selbstkritisch. Ich habe auch viel Unsinn gemacht, nur damit ich eine gewisse Medienpräsenz habe. Aber die Rollschuhfahrer, jene, die mit dem Handy brustschwach am Wörthersee herumgefahren sind, alle die sollen sich hier gleich versammeln und sagen: Jawohl, ich habe gesündigt, ich habe mich prostituiert, nur damit ich vorkomme, ich armer Wurm! – Das ist in Wirklichkeit die Geisteshaltung, die da mitschwingt.


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