Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 142

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Bitte, was ist das für ein Gesetzgeber, wenn man zum Ergebnis kommt, ein Gesetz, das die letzten Jahre nicht gewirkt hat, soll jetzt einer einmal versuchsweise ausprobieren, und wenn er scheitern sollte, ist er vielleicht bereits kaputt, aber erst dann repariert man das Gesetz? (Beifall beim Liberalen Forum. )

Sosehr ich im übrigen gerne dafür eintrete, rechtsstaatliche Verfahren anzuwenden, so sehr bin ich in diesem Fall der Meinung, daß das eine Ausrede des Kollegen Cap war, um Zeit zu gewinnen, um keinen Handlungsbedarf orten zu müssen, um die Diktion des Herrn Bundeskanzlers aufzugreifen. "Erst einmal ausprobieren"! – Soweit Kollege Cap.

Kollege Kukacka hat gemeint, Privateigentum und privatwirtschaftliche Organisationsformen seien wesentlich, die Liberalen müßten das nachempfinden können. Ich sage Ihnen, Herr Kollege Kukacka, wir werden das zu 100 Prozent nachempfinden. Auch wir sind der Meinung, daß das ganz wesentliche Fragen sind und daß alles, was Enteignungscharakter hätte, höchst bedenklich wäre. Aber das Entflechten eines Kartells bedeutet überhaupt nicht Enteignung, sondern es bedeutet nur, daß bestimmte Zusammenballungen von wirtschaftlichen Unternehmungen, eben Zusammenrottungen in der Art der Mediaprint, entflochten werden, aber nicht enteignet. Das heißt, es wird niemandem etwas weggenommen, sondern es wird die Organisationsform über einen gesetzlichen Auftrag verändert. Das würde nicht bedeuten, daß der "Kurier" dann nicht mehr erscheinen darf, daß die "Kronen Zeitung" nicht mehr erscheinen kann und daß all jene Zeitungen, die im Rahmen der Mediaprint veröffentlicht werden, unterbunden werden. Das würde nur bedeuten, daß die kartellartige Konstruktion nicht weiter aufrechterhalten werden darf. Kartellrecht hat es immer an sich, daß es dann, wenn es auf Mißstände stößt, diese durch Auflösung dieser Kartelle behebt. In diesem Sinn kann das gar keinen rückwirkenden Charakter haben, sondern es hat immer nur eine Wirkung in die Zukunft, wenn auch aufgrund von Fehlern aus der Vergangenheit.

Aber wenn wir so weit kämen, daß wir all das, was Fehler aus der Vergangenheit mit Zukunftswirkung behebt, als rückwirkend bezeichnen, dann müßten wir die Gesetzgebung einstellen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn man jetzt gründlich darüber nachdenkt, warum diese Rückwirkungsargumente so stark kommen – insbesondere bei Kollegen Kukacka ist mir das aufgefallen, aber es gilt an sich eins zu eins für den Kollegen Cap –, dann muß man sich bewußt machen, zu welchem Zeitpunkt dieses Gesetz, das dringend zur Novellierung ansteht, beschlossen worden ist. Es wurde buchstäblich beschlossen, nachdem man abgewartet hatte, bis sich der Mediaprint-Konzern gebildet hat. Es wurde bewußt verspätet beschlossen. Man hat also geradezu gewartet, bis das eigentliche Problem entstanden ist, um dann ein Gesetz zu machen und gleichzeitig zum Ausdruck zu bringen, das, was es jetzt gibt, den jetzt vorliegenden Befund, ändern wir nicht, sondern ab jetzt und für die Zukunft soll so etwas nicht mehr möglich sein.

Daher ist nicht die subjektive Einschätzung der Regierungsparteien die, daß es eine rückwirkende Regelung wäre, wenn sie das jetzt ändern würden. Subjektiv sehen sie das eben so, weil sie sich einfach dessen bewußt sind, daß sie eigentlich vorher absichtlich gewartet haben. Wenn jemand absichtlich wartet, um eine Konstruktion zu ermöglichen, die Mediaprint heißt, dann hat er einen ganz anderen Zugang zum Reformbedarf als jemand, der schon damals gesagt hat, das ist nicht gut, ihr seid zu spät dran, ihr hättet es sofort machen müssen und die Mediaprint überhaupt gar nicht erst zulassen dürfen, denn es hat ja schon damals bei der Schaffung der Mediaprint die Kartelldiskussion gegeben.

Daher ist es mir verständlich, daß die Regierungsparteien dieses Problem ganz anders sehen als jemand, der unbefangen an dieses Reformproblem herangeht. Daher glaube ich, daß wenn wirklich ernst gemeint war, was hier gesagt wurde, nämlich daß eine offene, ehrliche, vorbehaltlose Diskussion geführt werden soll, wir uns zusammensetzen, gemeinsam überlegen und möglichst rasch ein Kartellrecht schaffen sollten, das die Entflechtung solcher Konzentrationen ermöglicht, und nicht erst abwarten, einmal ausprobieren, wie es ausgeht. Es kann dann für eine nicht ganz unwichtige Tageszeitung in diesem Land vielleicht zu spät sein. Und das wäre schade! (Beifall beim Liberalen Forum.)


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