Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 22

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Herr Bundesminister Dr. Ditz. Mir wäre es lieber gewesen, Sie hätten diesbezüglich – außer Vorschlägen – konkret politisch etwas zustande gebracht.

Zum Schüssel-Ditz-Kurs. (Abg. Wabl: Was ist das bitte?) Wer erinnert sich nicht an den Schüssel-Ditz-Kurs? – An dem sollte Österreich genesen, es sollte besser werden.

Der Schüssel-Ditz-Kurs, Freund Wabl, war: Wir müssen 40 000 neue Unternehmungen gründen – und das auf Befehl. Unternehmungen gründet man ja von oben herunter und nicht von unten hinauf; aber immerhin gibt es die Erkenntnis, daß nur Unternehmer produktive Arbeitsplätze schaffen.

Es wurde also über ein Jungunternehmersparen diskutiert, über Förderungen, über Beratungen. Und wenn man dann endlich den Jungunternehmer an der Angel hat, wenn er endlich anbeißt und sagt: "Ich will selbständig werden!", dann beginnt der bürokratische Hürdenlauf: Er gerät in die Fänge der Bürokratie, in die Verstrickungen der Gewerbeordnung.

So geht es etwa einer Blumenverkäuferin, die die HAK-Matura hat und keinen richtigen Job findet – immer nur Beschäftigung für ein halbes Jahr – und die dann sagt: Wie wäre es denn, wenn ich mich als Blumenverkäuferin selbständig mache? – Sie geht zu ihrer Kammer, bei der sie dann Pflichtmitglied sein wird, und fragt: Was muß ich denn tun? – Die Antwort: Sie müssen da mindestens zwei Jahre lang arbeiten und Prüfungen ablegen, damit sie Zyklamen von Rosen unterscheiden können.

Meine Damen und Herren! Selbständigkeit schafft Arbeit, Selbständigkeit schafft neue Befriedigung von Kundenbedürfnissen – aber nicht bürokratische, kamerale Hemmungen der Gewerbeordnung. Lassen wir doch diese Blumenverkäuferin Blumen verkaufen! Was soll sie denn anstellen dabei? Warum soll man denn prüfen, ob sie Blumen verkaufen darf oder nicht?

Meine Damen und Herren! Diese Gewerbeordnung, die wir heute in Österreich haben, die gültiges Recht ist, ist doch eine Zunftordnung aus dem 19. Jahrhundert. Sie war aber im 19. Jahrhundert viel liberaler als heute. Sie wurde jedoch im Laufe der zwanziger, dreißiger und fünfziger Jahre immer rigider, ja sie wurde allmählich zu einem Instrument des Schutzes vor Konkurrenz!

Stellen Sie sich doch einmal vor, meine Damen und Herren, was passieren würde, wenn ein Bäcker auch eine Torte verkauft – oder noch "schlimmer": wenn ein Konditormeister ein Kipferl verkauft! – Das darf er nämlich nicht! (Abg. Ing. Maderthaner: Es geht um mehr als um ein Kipferl!) Herr Präsident Maderthaner wird ja nicht müde mit seinen Schutzbehauptungen und sagt immer wieder: Man muß doch die Qualität schützen! – Herr Präsident, ich weiß schon: Ein Konditor darf keine Kipferln verkaufen... (Abg. Ing. Maderthaner : Ich bitte Sie! Es geht doch um mehr als um ein Kipferl!)

Herr Präsident! Das sind doch "Argumente" aus dem tiefsten 19. Jahrhundert! Wann werden Sie endlich aufwachen und sehen, daß wir uns fast schon im 21. Jahrhundert befinden? (Beifall beim Liberalen Forum sowie Beifall des Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn .)

Meine Damen und Herren! Ein Blumenhändler – wir waren ja heute schon beim Thema Floristen – darf zwar eine Vase verkaufen, aber das Stockerl, auf das man die Vase stellt, darf er nicht verkaufen! Das ist doch skurril! Damit macht sich doch ein so schönes und modernes Land wie Österreich international lächerlich!

Wenn sich der von uns allen so geschätzte Landeshauptmann Pröll heute ein Zweitbuch kaufen will – "Der Schatz im Silbersee II" (Heiterkeit) –, dann darf er das nur in einem gewerblich und handelsmäßig autorisierten Geschäft tun. – Ich könnte mir vorstellen, es wäre ganz fein, dürfte er das auch an einer Tankstelle kaufen: Vielleicht würde der Herr Landeshauptmann dann doch eher zu einem Zweitbuch kommen.

Meine Damen und Herren! Dasselbe ist doch im Gewerbe: Wenn jemand von uns sein Bad umbaut, wenn jemand von uns seine Küche umbaut, braucht er dazu acht Professionisten, muß


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