Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 28

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Das Erfordernis einer rechtlichen Erlaubnis, meine Damen und Herren, ein Unternehmen zu gründen, ist ja nicht nur für Unternehmer selbst, sondern logischerweise auch für die Schaffung von Arbeitsplätzen von Bedeutung. Ein rigoroser Zugang zum Gewerbe ist – diesbezüglich bin ich ganz Ihrer Meinung – ein ungerechtfertigter Konkurrenzschutz in den verschiedensten Branchen. Er betrifft letztlich auch wieder die Schaffung von Arbeitsplätzen, sei es für gut oder weniger gut qualifizierte Arbeitskräfte. Dies stellt aber primär ein Problem für die Gewerbebetriebe im engeren Sinn dar. Zu den Handelsbetrieben in anderen Bereichen haben wir letztlich heute schon den erleichterten Zugang.

Das Liberale Forum hat nun einen Vorschlag eingebracht, der – fürs erste betrachtet – durchaus attraktiv ist. Ich frage mich nur, ob alle etwaigen Folgen bedacht wurden, und freue mich schon auf die heutige Diskussion. Denn es ist sehr einfach, zu sagen: Wir ersparen uns Hunderte, vielleicht sogar Tausende Paragraphen und Bestimmungen, wir regeln nämlich alles in den Bedingungen bei Versicherungsverträgen und ähnlichem mehr. Ich frage mich, ob Sie nicht einen Fehler begehen, wenn Sie sagen: Weg mit all diesen Paragraphen, wir regeln das in privaten Verträgen.

Ich kann das jetzt in der mir zur Verfügung stehenden kurzen Zeit nur anreißen – ohne daß Sie das zu sehr als Kritik empfinden sollen, aber für mich ist eines wichtig: Was bedeuten die Vorschläge des Liberalen Forums bei genauerer Betrachtung wirklich? – Die Versicherung wird de facto zur Gewerbebehörde. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherungen würden zum Großteil die Paragraphen der Gewerbeordnung ersetzen, welche den Zugang zum Gewerbe regeln – das können wir dann in der Diskussion im Detail durchdenken.

Der Konsumentenschutz wird total abgeschafft, weil die entsprechenden Verordnungsermächtigungen aufgehoben werden. Das bedeutet eine Gefährdung der Berufsausbildung, da das Berufsausbildungsgesetz auf die Gewerbeeinteilung der Gewerbeordnung aufgebaut ist. Der Entwurf kokettiert mit der Abschaffung von Paragraphen, übersieht aber, daß diese abgeschafften Paragraphen letztlich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherungen und anderen Gesetzen wieder auferstehen würden.

Hat man nun mehr Vertrauen zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherungen oder zu staatlichen Regelungen – sei es für den Unternehmer, sei es für den Konsumenten? – Das sind Fragen, die man bei diesem Ihrem durchaus attraktiven Vorschlag bedenken sollte.

Um es vorweg zu sagen, meine Damen und Herren vom Liberalen Forum: Wir Sozialdemokraten sind für eine weitestgehende, tiefgreifende Reform. Diesbezüglich teilen wir Ihre Auffassung. Die Zielrichtungen, die Herr Minister Ditz angeführt hat, gelten für uns auch. Es stellt sich nur die Frage, wie man sie dann tatsächlich im Detail umsetzen kann.

Wir sollten nicht so tun, als wäre die bisherige Gewerbeordnung lediglich der Hemmschuh schlechthin gewesen. Wie sonst – und das wissen Sie genauso gut wie wir – wäre es zu erklären, daß gerade die Klein- und Mittelbetriebe im Zuge der Westerweiterung, des EWR- und EU-Beitritts, Exporterfolge verzeichnen konnten? Wäre das ganze System wirklich so schlecht, dann wären doch diese Erfolge nicht möglich gewesen.

Ich betone noch einmal: Durch den rasanten Wandel und aufgrund des verstärkten Wettbewerbs, dem wir jetzt gegenüberstehen, ist vieles zu ändern, um die notwendige Flexibilität möglich zu machen. Außerdem ist es notwendig – und dazu bekennen wir uns ganz besonders –, daß der Qualitätsgedanke verstärkt forciert wird.

Ich sehe zum Beispiel überhaupt nicht ein – auch wenn das Sozialprestige der Meisterbetriebe und der Facharbeiter gehoben werden soll –: Warum soll nicht ein Meister freien Zugang zur Universität haben? – Wer neun Jahre gelernt hat, wer so viele Prüfungen abgelegt hat, dem kann doch dieser Zugang auch gewährt werden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Tichy-Schreder und Dr. Stummvoll. ) Wir müssen das Sozialprestige der Handwerker heben, der Meisterbetrieb muß ein Gütesiegel darstellen. Aber das darf uns nicht hindern, gleichzeitig einen erleichterten Zugang zur Gründung von Gewerbebetrieben zu schaffen, sei es Ihr Beispiel der


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