Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 89

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Wir Liberale haben mehrfach klargestellt, daß das 13. und 14. Gehalt Bestandteil des Einkommens der Mitarbeiter ist, auf das sie monatlich Anspruch haben, und der Arbeitgeber hat kein Recht, seinen Mitarbeitern durch staatliche Normierungen dieses Geld bis Juni beziehungsweise November vorzuenthalten. Das sind doch Steinzeitpositionen, die Sie in dieser Hinsicht vertreten! (Beifall beim Liberalen Forum.) Lieber Herr Nürnberger! Denken Sie darüber nach, bevor Sie dazu Stellung nehmen.

Die zweite Position ist die Abfertigung. Auch dabei geht es offensichtlich um Steinzeitpositionen. Die Abfertigung ist ein Teil des Lohns der Mitarbeiter, der ihnen in der Zeit der Mobilität vorenthalten wird. Wir brauchen in einer Zeit des mobilen Wirtschaftswandels mobile Mitarbeiter. Der Wechsel von einer Position zu einer anderen darf doch nicht durch mögliche Abfertigungsansprüche gehemmt werden.

Stellen wir doch zum 1. 1. 1997 alle Abfertigungsansprüche fest, zahlen wir sie so aus, wie es bisher gehandhabt wurde, neue entstehen nicht mehr, und die Kollektivvertragspartner haben jetzt den Auftrag, in ihrer Branche gemäß der bisherigen Belastung durch Abfertigungen – das wird bei den Versicherungen anders sein als bei den Bauarbeitern oder sonstigen Branchen – diesen Prozentsatz einmalig zusätzlich aufzuschlagen und ihn direkt an die Mitarbeiter weiterzugeben.

Beide Maßnahmen würden die Arbeitskosten nicht verändern, aber die Lohnnebenkosten verringern und die Löhne erhöhen, und wir kämen in Österreich zu vergleichbaren Gehältern. Daß man an Austriaci wie Abfertigungen oder der Fiktion, daß es in Österreich einen Dezember, Trizember und einen Quatrozember gibt, festhält, ist doch wirklich skurril – aber vielleicht wird es Kollege Nürnberger noch lernen.

Sozialrechtliche Begünstigung, meine Damen und Herren – und das ist der Grund dafür, daß ich als Wirtschaftssprecher mir erlaubt habe, mich zu Wort zu melden –, verkehren sich immer mehr ins Gegenteil. Mitarbeiter mit zusätzlichen sozialen Rechten bringen auf dem freien Arbeitsmarkt ein zusätzliches Kostenpaket mit. Diese höheren Arbeitskosten, die diese Mitarbeiter durch Schutzbestimmungen, die für sie geschaffen wurden, verursachen, verringern ihre Wettbewerbsfähigkeit auf einem umkämpften Arbeitsmarkt.

Was ist denn für den Unternehmer interessant? – Die Arbeitskosten. Wenn ein Mitarbeiter 300 S pro geleisteter Arbeitsstunde kostet und ein anderer 350 S, weil er ein Paket von Schutzbestimmungen mitbekommen hat, wird die Entscheidung für den Mitarbeiter fallen, der einen günstigeren Arbeitskostensatz hat. Das ist die ökonomische Realität, und wer diese ökonomische Realität verweigert, meine Damen und Herren, ist ein Realitätsverweigerer, oder er versteht nichts von Ökonomie!

Ich möchte in diesem Sinne zu zwei Anträgen Stellung nehmen, die wir in diesem umfassenden Punkt verhandeln. Zum Antrag der Kollegin Haidlmayr: Ich halte die Beschäftigung von behinderten Menschen für eine sehr wesentliche soziale und auch humanitäre Frage, aber vorzuschlagen, die Kosten der Ausgleichstaxe auf die durchschnittliche Bruttolohnbelastung zu erhöhen, ist nichts anderes, meine Damen und Herren, als die Erhöhung der Lohnnebenkosten und damit der Arbeitskosten.

Sie müssen vielmehr den Kündigungsschutz aufheben, dann können Sie die Behinderteneinstellungstaxe erhöhen. Wenn wir den Kündigungsschutz wegbringen, bekenne ich mich zu einer Anhebung der Einstellungstaxe. Ich kenne eine Vielzahl von Unternehmern, mit denen ich auch gesprochen habe, unter anderem einen großen Wirtschaftstreuhänder, der über 100 Menschen beschäftigt. Er sagt: Ich könnte in meinem Unternehmen locker fünf oder zehn behinderten Menschen Platz bieten. Aber solange es für sie einen Kündigungsschutz gibt und dieser – wie die Zahlen zeigen – über den Behinderteneinstellungsausschuß nur sehr zögerlich aufgehoben wird, ist mir das Risiko zu groß, eine 27jährige Behinderte, einen 32jährigen Behinderten aufzunehmen, mit dem Risiko, daß ich sie/ihn bis zum 60. Geburtstag beschäftigen muß und nur sehr schwer oder überhaupt nicht kündigen kann.


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