Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 94

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werden Sie auch keinen einzigen Arbeitsplatz sichern. Damit können Sie nur Behindertenarbeitsplätze radikal abbauen.

Bund und Länder sind nach wie vor nicht bereit, ihre Einstellungspflicht zu erfüllen. 1994 standen knapp 64 000 begünstigte behinderte Menschen in Österreich 69 000 Pflichtstellen gegenüber. Das müßte doch bedeuten, daß eigentlich alle Arbeitsplätze hätten besetzt sein müssen und sogar noch 5 000 Pflichtstellen nicht hätten besetzt werden können, weil es eben nicht mehr begünstigte Behinderte gibt. So hätte das ausschauen können!

Die Realität ist aber eine andere: Von den 69 000 Pflichtstellen waren lediglich 40 000 besetzt. Das heißt, 42 Prozent aller einstellungspflichtigen Dienstgeber haben sich durch die Minimalzahlung von 1 920 S von ihrer Einstellungspflicht freigekauft.

Es ist bis heute zu keiner Änderung bei der Berechnung der Schlüsselzahl gekommen. Bund, Länder und Gemeinden genießen immer noch Ausnahmen, sie müssen nicht pro 25 Dienstnehmer eine behinderte Person anstellen, für Sie gilt ein anderer Schlüssel, und zwar müssen sie pro 40 Arbeitnehmer eine behinderte Person einstellen. Das macht es dem Bund und den Ländern noch viel leichter, sich ihrer Verantwortung zu entziehen.

Herr Minister, ich frage Sie: Was gedenken Sie zu tun, um die Arbeitslosigkeit im Behindertenbereich zu reduzieren? – In den letzten Jahren wurde nichts von dem, was in Sonntagsreden versprochen wurde und was für behinderte Menschen sehr wichtig wäre, gehalten, nämlich Arbeit. Es gäbe genug Arbeit für behinderte Menschen, nur müßte man bereit sein, Gesetze zu schaffen, die die Dienstgeber verpflichten, behinderte Menschen anzustellen. Mit einer Ausgleichstaxe von 1 920 S können Sie einen Dienstgeber niemals motivieren, behinderte Menschen einzustellen.

Ich habe mir angeschaut, wie es eigentlich jetzt bei uns mit der Beschäftigung von Behinderten läuft. Dabei bin ich auf etwas draufgekommen, das ich wirklich für skandalös halte: Unternehmen, die Aufträge an sogenannte geschützte Werkstätten vergeben, erhalten 15 Prozent des Umsatzvolumens wieder zurück. Es wird aber nicht gefragt: Hat dieser Betrieb die Einstellungspflicht erfüllt – ja oder nein?

Herr Minister! Wenn heute ein Unternehmer keinen behinderten Menschen anstellt, dann muß er 1 960 S bezahlen. Gibt er aber einen Auftrag an eine Behindertenwerkstatt weiter, bekommt er 15 Prozent vom Umsatz zurück. Ich glaube, es ist nicht schwierig, zu errechnen, was lukrativ ist: natürlich ein Auftrag an geschützte Werkstätten und keinesfalls die Einstellung eines behinderten Menschen.

Noch etwas, Herr Minister: Es ist auch auffallend, daß bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Behindertenbereich, wo pro Person zirka 500 000 S für einen Ausbildungsplatz dotiert wurden, nur 223 000 S im Schnitt ausgeschöpft wurden. Warum ist das so? Ich kann es Ihnen sagen: Behinderte Menschen sind unterbezahlt gewesen, sie sind es bis heute. Ein nichtbehinderter Dienstnehmer hat im Schnitt einen Sockelbetrag von 500 000 S für eine arbeitsbeschaffende Maßnahme im Jahr erhalten. Bei behinderten Menschen war es nur die Hälfte, weil sie in der Praxis nur die Hälfte von dem verdienen, was nichtbehinderte Menschen verdienen.

Das ist ungerecht, das ist eine gesetzliche Ungleichstellung, und Sie sind aufgefordert, dagegen endlich etwas zu tun! (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe in den letzten Tagen Ihre Anfragebeantwortung zum Thema Nationalfonds bekommen. Die Koalition wird ja wissen, warum sie den Nationalfonds mit 1 000 S pro Jahr dotiert hat. Mit 1 000 S pro Jahr ist der Nationalfonds dotiert! In den Jahren davor waren es zwischen 20 und 10 Millionen Schilling. Heuer sind behinderte Menschen in der Gesamtsumme nur mehr 1 000 S wert. (Zwischenruf des Abg. Mag. Guggenberger .) – Herr Guggenberger, unterbrechen Sie mich nicht! – Jetzt bin ich draufgekommen, daß im Nationalfonds noch 22 Millionen Schilling an nicht verwendeten Mitteln aus dem Vorjahr liegen.


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