Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 201

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Im Hinblick auf die im Arbeitsschutzgesetz neu verankerten Pflichten der Arbeitgeber bedarf es künftig eines verstärkten Einsatzes von Sozialwissenschaftern und Arbeitspsychologen, die zur Überwachung, aber auch zur Beratung von Arbeitgebern, betrieblichen Arbeitnehmerschutzorganisationen und natürlich auch Betriebsräten zur Verfügung stehen.

Die Arbeitsinspektion ist keine Strafbehörde, das soll einmal ganz klar dargestellt werden, sondern Partner für die Sicherheit! Ich warne in diesem Zusammenhang vor Verschlechterungen beim Arbeitnehmerschutz. Das gängige Muster funktioniert anscheinend doch.

Anhand von skurrilen Beispielen wird in den Medien dauernd das Bild des schikanösen Arbeitsinspektors gezeichnet. Die Konsequenz: Das Arbeitsinspektionsgesetz wurde schon einmal etwas entschärft. – Nunmehr entdeckt die Wirtschaft, daß die seit der Publikation des Arbeitsschutzgesetzes 1995 vor zwei Jahren bekanntgegebenen EU-Regelungen zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz ein "teuflisches Gesetz" seien, deren Umsetzung der Wirtschaft nicht zumutbar sei. Mit demagogischen Zahlen, meine Damen und Herren, die belegen sollen, daß dieses Gesetz pro Arbeitnehmer und Jahr den Unternehmer 10 000 S kostet, verlangt man wiederum eine Entschärfung des Gesetzes.

Eine konzentrierte Hetzaktion gegen den Arbeitnehmerschutz betreibt derzeit ein Welser Landmaschinenhändler namens Prillinger, der ein Konvolut von 38 Seiten an über 500 Unternehmen ausgeschickt hat und den Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenschutz darin mit einem entsprechenden Kommentar versieht. Er schreibt unter anderem: Damit dieser Schandfleck der Bürokratie einmal bekannt wird: Dieses Gesetz ist geeignet, jeden österreichischen Betrieb einfach fertig zu machen, sodaß es ein Hohn ist, wenn die Politiker heute von einer Arbeitsplatzsicherung sprechen.

Er schlägt vor, seinen Kommentar in Form eines Kettenbriefes jeweils an mindestens zehn bekannte Betriebe weiterzuleiten. Er fordert sogar die Gründung eines eigenen Arbeitgeberverbandes. Er fordert: Pressekonferenzen, Diskussionen mit Politikern, gemeinsame Fahrten nach Wien vieler betroffener Arbeitgeber. Und Prillinger scheut sich auch nicht, zu Gegenmaßnahmen aufzurufen wie – hören Sie! –: Abwanderung von Österreich und Personalreduzierung.

Die Forderung nach einem eigenen Arbeitgeberverband dürfte die Wirtschaftskammer in Oberösterreich aufgegriffen haben. Sie hat Herrn Prillinger gleich eingeladen. Er hat dieses Schreiben am 6. Mai verschickt, und schon einige Tage später, am 28. Mai, hat die Wirtschaftskammer eine Pressekonferenz veranstaltet und diesen Herrn Prillinger von der Landmaschinenbranche als Auskunftsperson dazu eingeladen.

Ich möchte Ihnen die Kommentare aus diesem Konvolut ersparen. Nur ein Beispiel: Prillinger bezeichnet dieses Arbeitnehmerschutzgesetz als "Arbeitsplatzvernichtungsgesetz", als ein teuflisches Gesetz, das die Lust, Unternehmer zu sein, gewaltig bremst und die Arbeit als Arbeitgeber sehr verunsichert". Er schreibt dann weiter – und jetzt komme ich zu diesen ominösen 10 000 S –: Alle Betriebe in Österreich, die dieses Gesetz anwenden müßten, haben Kosten von mindestens 10 000 S jährlich pro Mitarbeiter zu erwarten".

Meine Damen und Herren! Die mit diesen Kosten angesprochene Arbeitsplatzevaluierung – also die Abschätzung, Bewertung und Dokumentation der Gefahren und Festlegung von Abwehrmaßnahmen an jedem Arbeitsplatz – dauert bei einem mittleren Tischlereibetrieb rund vier Stunden. Was dabei 10 000 S kosten soll, weiß ich nicht! Das ist unerklärlich!

Meine Damen und Herren! Es gab auch interessante Reaktionen in den Medien, natürlich in den einschlägigen. Die Oberösterreichische Wirtschaftskammer bringt in ihrem Blatt natürlich gleich die Headline: "Arbeitnehmerschutzgesetz wird tickende Bombe für die Betriebe". Dann heißt es: Wirtschaft protestiert gegen absolut übertriebene Schutztendenzen." – "Ein gigantischer bürokratischer und finanzieller Aufwand".

Meine Damen und Herren! Herr Prillinger hat geschrieben, daß es sich um ein "teuflisches Gesetz" handelt, das habe ich schon zitiert. Und so wurde es in den Medien auch veröffentlicht.


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