Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 215

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Auswirkungen in Frage stellen will, verschließt, Herr Kollege Firlinger, seine Augen letztlich auch vor der aktuellen Realität des Wohnungsmarktes. (Abg. Mag. Firlinger: Das liegt 20 Jahre zurück!)

Die Frage des einseitigen Rechtsanspruches der Mieter auf Übertragung ihrer Mietwohnungen ins Eigentum wird natürlich immer wieder und jetzt schon seit längerer Zeit einer breiten Öffentlichkeitsmeinungsbildung unterzogen. Es handelt sich um eine von der jeweiligen Situation auf dem Wohnungsmarkt abhängende Entwicklung, der durch entsprechende Gesetzesänderungen in den letzten Jahren Rechnung getragen wurde. Für private Profitinteressen reicht das nicht aus, was in einer Demokratie legitim ist. Private Profitinteressen wird es beim Wohnungsgeschäft selbstverständlich immer wieder geben. Aber ebenso, Kollege Firlinger, ist auch das gesellschaftspolitische Interesse am Vorhandensein einer genügend hohen Manövriermasse an sozialen Mietwohnungen legitim. Die Sozialdemokratie steht dem Wohnungseigentum in keiner Weise – das möchte ich wirklich betonen – ablehnend gegenüber. Wer hier das Gegenteil behauptet, hat sich mit den wohnpolitischen Programmen der Sozialdemokraten nicht beschäftigt. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Der gegenständliche Antrag betrifft scheinbar eine punktuelle Änderung im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, man vergißt jedoch sozusagen im Kleingedruckten nicht darauf, gleich eine – ich zitiere – "umfassende Reform, insbesondere auch für das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz", zu fordern. (Abg. Mag. Firlinger: Das ist der Beginn!)

Zweifelsohne kann es auch im Bereich der Wohnungsgemeinnützigkeit sicher keinen Stillstand geben. Entscheidende Weiterentwicklungen wurden in der Vergangenheit immer wieder vorgenommen – ich erinnere etwa an die Frage des Reservekapitals –, und sie werden auch in Hinkunft nicht ausbleiben. Die Diskussion wird aber von vielen zu einseitig und meiner Ansicht nach bewußt plakativ geführt; letzteres haben Sie hier mit einem kleinen Plakat vorgeführt.

Auch im vorliegenden Fall verhalten Sie sich so. Unterzieht man den Antrag nämlich einer genaueren Betrachtung, dann wird dessen Eindimensionalität schnell deutlich. So leisten etwa die Mieter einer Wohnung einer gemeinnützigen Bauvereinigung innerhalb eines Zeitraumes von 50 Jahren, das entspricht der kürzesten Abschreibungsdauer nach dem WGG, deutlich geringere Mietzinszahlungen als Mieter einer frei finanzierten oder auch einer ehemals geförderten, begünstigt zurückbezahlten Eigentumswohnung. Die Forderung nach Begründung von Wohnungseigentum in diesen nicht selten auch privaten Bereichen wird aber selbstverständlich von den Antragstellern nicht erhoben. Es läßt sich nämlich insbesondere auch für private Mietwohnungen nach einem gewissen Zeitraum nachweisen, daß die Grund-, Bau- und Finanzierungskosten durch die Zahlungen der Mieter gedeckt sind. Es erweist sich, daß die Mieter einer frei finanzierten, frei vermieteten Eigentumswohnung mit Abstand am meisten bezahlen. (Abg. Mag. Firlinger: Das ist eine freie Erfindung!)

Herr Kollege Firlinger! Ziehen wir nun in die Betrachtung jene 360 000 Altmietwohnungen mit ein, die privat noch vor 1919 errichtet wurden. Für diese Wohnungen kann inzwischen wohl mit Recht angenommen werden, daß sie seit den zwanziger Jahren entschuldet sind und daß die Grund-, Bau- und Finanzierungskosten gedeckt sind. Sind derartige Wohnungen in Ihrem Antrag auch mit umfaßt? – Nein! Die sollen nicht ins Eigentum übertragen werden. Die wollen Sie schön im privaten Bereich belassen! Selbstverständlich sind diese nicht in Ihrem Antrag enthalten!

Angesichts derart vordergründiger Absichten sei nur nebenbei erwähnt, daß im Antrag des Liberalen Forums auch völlig unberücksichtigt bleibt, was bei einem zwischenzeitlich erfolgten Mieterwechsel passieren soll, außer der Begründung einer neuen finanzkräftigen und privilegierten Schicht. Bei der derzeitigen Fluktuation findet im erwähnten Zeitraum von 50 Jahren zweimal ein Mieterwechsel statt. Dieser ist überhaupt nicht berücksichtigt im Antrag. Nach den gegenständlichen Vorstellungen würde aber jener Mieter, der nach vollständiger Ausfinanzierung der anteiligen Grund- und Baukosten die Wohnung gemietet hat, in den Genuß des Übereignungsanspruches kommen. Dieses Problem würde mit seiner merkwürdigen Privilegierung durch die ebenfalls vorgeschlagene Berechtigung zur vorzeitigen Tilgung der Darlehen und allfälligen


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