Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 55

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

bewerb und darüber hinaus in einem weltweiten Wettbewerb, und daran hängen auch sehr viele Arbeitsplätze.

Unter "ökosozial" verstehe ich auch eine soziale Absicherung für den Schwächeren, und der Schwächere kann auch jener sein, der arbeiten möchte, aber keinen Arbeitsplatz hat. Wir müssen also diesen Bereich schon gesamtheitlich sehen und nicht nur ausschnittsweise. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich würde ökosoziale Marktwirtschaft folgendermaßen definieren: Sie verbindet den Leistungswillen des einzelnen mit dem sozialen Ausgleich in der Gesellschaft und einem schonenden Umgang mit der Umwelt. Das heißt, der freie Wettbewerb als grundlegendes Ordnungsprinzip der Marktwirtschaft braucht auch Regelungen zur sozialen Absicherung der Schwächeren in der Gesellschaft. Wir brauchen aber auch Regelungen, um Risken gemeinschaftlich abzusichern, und zwar jene Risken, die der einzelne allein nicht tragen kann. Notwendig für eine ökologische, verantwortbare Marktwirtschaft ist aber auch – da gebe ich Ihnen recht – die Anerkennung der begrenzten Verfügbarkeit von Rohstoffen und Energie. Das heißt, wir müssen den Kreislauf in der Natur mehr beachten.

Wenn Sie die Verhandlungen in den letzten Wochen, insbesondere in dieser Woche und auch in den EU-Gremien, mitverfolgt hätten, so würden Sie wissen, daß Österreich in diesem Bereich Vorreiter ist. Minister Bartenstein hat einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, daß es in der Europäischen Kommission ein Umdenken beziehungsweise eine Nachdenkphase für die Einführung etwa von genmanipuliertem Mais gibt. Da ist Österreich sozusagen Vorzeigemodell innerhalb der Europäischen Union und Vorkämpfer für solche ökologischen Leistungen! (Beifall bei der ÖVP.)

Es stimmt auch nicht, was Frau Abgeordnete Schmidt gesagt hat, daß in Österreich die Zahl der Selbständigen immer weniger wird. (Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt. ) Gerade gestern gab es eine Meldung in den Morgennachrichten, daß es in Österreich im Jahre 1995 330 000 Selbständige gab – um 5 000 beziehungsweise um 1,6 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor. Es sind gerade die Kleinbetriebe – unsere Wirtschaft lebt auch davon –, die unsere Arbeitsplätze halten und neue Arbeitsplätze schaffen. Im Bereich der Großindustrie wird eher rationalisiert und werden Arbeitsplätze abgebaut. Aber die vielen Kleinbetriebe sind es, die sozusagen unseres Augenmerkes bedürfen, die in den letzten Jahren die zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch wir sind nicht mit allen Handlungsweisen einverstanden, und ich möchte hierfür nur ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit nennen. Das Kaufverhalten großer Teile der Konsumenten ist nicht immer auch ökologisch ausgerichtet. Leider wird in den Supermärkten sehr oft nach dem billigsten Produkt gegriffen, ohne dabei zu bedenken, daß unter natürlichen Voraussetzungen dieses Produkt so billig nicht hergestellt werden kann.

Zum Beispiel sind allein in der vergangenen Woche über 600 000 Kilogramm Kartoffeln aus Palermo, also aus dem südlichsten Teil Italiens, angekauft worden, weil dort die frischen Kartoffeln um 1,10 S zu haben sind. Wenn der Geschäftsführer des Bundesgremiums des Lebensmittelhandels im gestrigen "Kurier" das so begründet, daß die Italiener aus Angst vor einer Kartoffelkrankheit rasch ernten müssen und deshalb derzeit um jeden Preis verkaufen – sie schicken volle LKWs los und sagen, kommt leer zurück –, so verstehe ich diese Art und Weise nicht als ökosoziales Wirtschaften, denn mit solchen Praktiken bringt man die heimische Kartoffelproduktion, die naturnah erfolgt und dafür sorgt, daß die Produkte frisch auf den Markt kommen, um. Auch die heimischen Kartoffeln haben im heurigen Jahr nur einen Preis von 1,50 S. Die Produzenten zahlen dabei drauf. Auch wenn die Kartoffeln aus Süditalien noch um 40 Groschen billiger sind, sollte doch, so glaube ich, etwas mehr auf den heimischen Markt geschaut werden.

Durch die Mitgliedschaft in der EU haben wir uns einem europaweiten Wettbewerb zu stellen. Mir ist schon klar, daß Marktwirtschaft und Binnenmarkt natürlich auch bedeuten, daß Warenströme in Europa von einem Land zum anderen vorhanden sind, es sollte aber auch – und das


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite