Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 69

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Ich habe das als ehemaliger Finanzvorstand eines Unternehmens einmal sehr pointiert formuliert, ich habe gebeten: Brecht die Macht der Finanzvorstände! Sie orientieren die Unternehmenspolitik an Steuerminimierung, am Finanzanlagevermögen, aber nicht an der Produktion, an neuen Investitionen, an der Erschließung neuer Märkte! – Also sage ich auch hier: Brechen Sie die Macht der Finanzvorstände, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Hinweis und auch die Entwicklung in den USA sollten uns zu denken geben. Ein langfristig tragfähiger Wirtschaftsprozeß ist nicht gegen die Menschen, er ist nur für die Menschen und mit ihnen sinnvoll und machbar. Unter Zwang, Resignation und Desillusion kann es keine langfristige Stabilität und keine wirtschaftliche Prosperität geben! (Beifall bei der SPÖ.)

Und genau deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat sich die österreichische Wirtschafts- und Sozialpolitik dem Weg des Konsenses verschrieben und der frühzeitigen Einbindung der Interessenverbände breiten Raum gegeben. Dieser Weg war in der Vergangenheit erfolgreich und ist für uns auch für die Zukunft maßgeblich, auch wenn wir uns neuen Verhältnissen anzupassen haben. Die breite Zustimmung der Österreicherinnen und Österreicher zur Rolle der Sozialpartner, zur Rolle der Kammern zeigt, daß dieser Weg der Sicherung des sozialen Friedens von der Bevölkerung gutgeheißen wird.

Dieses Signal ist ein Auftrag für uns alle. Soziale Stabilität ist auch einer der wesentlichen Faktoren für eine gedeihliche Wirtschaftsentwicklung. Auf der Ebene der Europäischen Union unterstützen wir daher die Bemühungen von Präsident Jacques Santer um die Verwirklichung seines Vertrauenspaktes und um den Dialog der Sozialpartner auf europäischer Ebene intensiver.

Der Wirtschaftsstandort Österreich hat davon deutlich profitiert. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. 1994 wurden in Österreich Investitionen im Ausmaß von 560 Milliarden Schilling, das sind 24,8 Prozent des Bruttoinlandsprokukts, getätigt. Mit dem Beitritt zur Europäischen Union 1995 erhöhten sich diese Investitionen auf 591 Milliarden, das sind 25 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, und erreichten 1996 die erfreuliche Marke von 616 Milliarden Schilling, wobei die Investitionsquote auf 25,2 Prozent anstieg.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte abschließend doch noch einige Worte für den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union verwenden. Natürlich hat der EU-Beitritt durch die rasche Marktöffnung für einzelne Sektoren schwierige Anpassungen mit sich gebracht. Auch sind die Probleme infolge der Zeitverschiebung zwischen den schnellen Rationalisierungen in den Unternehmen einerseits und dem doch langsameren Aufbau des Marktes und der Chancen des Gemeinsamen Marktes uns allen in Erinnerung.

Die Bilanz zeigt allerdings in Summe ein sehr deutlich positives Bild. Die österreichischen Nahrungsmittelpreise sind im Durchschnitt um 18 Prozent gefallen. Österreich hat seinen Export in die EU-Länder trotz realer Aufwertung stark gesteigert. Die Inflationsrate ist, wie bereits erwähnt, auf unter 2 Prozent gesunken. Die Direktinvestitionen nach Österreich haben weiter zugenommen. So haben sich allein in Vorarlberg 41 Schweizer Betriebe angesiedelt, um von hier vom Standort Österreich aus den europäischen Markt zu bearbeiten. Eine Reihe von Großinvestitionen von bereits in Österreich ansässigen Unternehmen wie General Motors, Siemens, Lenzing haben sich aufgrund der österreichischen ... (Abg. Haigermoser: Warum steigt dann die Arbeitslosigkeit so dramatisch? Warum gibt es keine Lehrlingsplätze?) Das sollten Sie die Wirtschaftsleute fragen, Herr Kollege! (Abg. Haigermoser: Aha! Pontius Pilatus! Mein Name ist Hase – "Hase Klima"!) Ja, ja! Wir sollten gemeinsam nachdenken, wer für die Lehrlingsfragen zuständig ist, aber nicht die Schuld auf die Europäische Union schieben. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich halte das für eine Scheuklappenmentalität, was Sie da betreiben.

Eines ist klar, meine Damen und Herren: Die österreichische Industrie konnte nach dem EU-Beitritt Investitionszuwächse verzeichnen, die beeindruckend sind. Die Investitionen sind von 1994 auf 1995 auf 49,6 Milliarden Schilling gestiegen, und im Jahr 1996 auf 59,5 Milliarden ange


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