Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 86

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

nicht angenehm sein, aber wer diese Frage nicht stellt, der schaut in Wirklichkeit am Problem vorbei, der schafft Ghettos mit all den Folgen, die wir ja kennen.

Meine Damen und Herren! Es erscheint mir im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsbericht auch wichtig, auf die öffentlichen Dienstleistungen einzugehen. Diesbezüglich stehen wir durchaus vor neuen Herausforderungen – ich habe es schon angesprochen –: Die Frage der Regulierung beziehungsweise Deregulierung ist keine Frage des Beamtentums alleine, sondern das ist eine Frage, die wir uns vor allem hier im Hohen Haus stellen müssen. Aber wir sollten auch aufhören mit der da oder dort immer wieder latent auftretenden Diffamierung öffentlicher oder öffentlichkeitsnaher Unternehmungen mit dem Hinweis: Private machen das doch wesentlich besser! – Bei allen Bestrebungen in Richtung einer verstärkten Effizienz dürfen wir nicht davon abgehen, daß der Bürger unseres Landes Anspruch auf öffentliche Dienstleistungen zu vertretbaren, vor allem sozial vertretbaren, Preisen hat, die ordentlich ausgeführt werden und wo nicht das Gewinnstreben alleine im Vordergrund steht. (Beifall bei der SPÖ.)

Und wir sollten auch den öffentlich Bediensteten in diesem Hause Dank zollen für die täglich geleistete Arbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Tichy-Schreder: Aber sie auch hier nicht überfordern!)

Das kann auch gemeinsam erarbeitet werden. Ich glaube, wir sollten nicht ständig die Meinung vertreten: Gäbe es keinen öffentlichen Dienst, hätten wir im Prinzip einen Klotz am Bein weniger. (Abg. Tichy-Schreder: Wir sollten die Bediensteten hier im Haus nicht überfordern! Das habe ich gemeint!)

Ich glaube, daß es auch wichtig ist, daß österreichische Eigentümerinteressen in den Vordergrund gerückt werden. – Ich habe ein Beispiel schon genannt: Semperit, ich nenne ein zweites: Unilever. – Es zeigt, wie wichtig es ist , daß man in Österreich Entscheidungen fällen kann und nicht ausschließlich in ausländischen Konzernzentralen.

Es gehört mit zu den wirtschaftspolitischen Schlagworten, daß man die Frage der wirtschaftlichen Entwicklung mit dem Wort "Flexibilisierung" und "Deregulierung des Arbeitsmarktes" verbindet. Mein Vorredner hat ja auch darauf hingewiesen, in der Ladenöffnung sei eigentlich nichts passiert. Mich wundert es immer wieder, daß mit werbemäßig großem Aufwand jetzt die Unternehmer darauf hinweisen: Wir haben unsere Geschäfte bis 19.30 Uhr geöffnet. Endlich dürfen wir das!

Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz haben wir hier schon vor ein paar Jahren beschlossen, das es ermöglicht, länger offenzuhalten. Nur die Nutzungsmöglichkeit ist eine sehr geringe und meistens auch noch verbunden damit, daß man vom Arbeitnehmer verlangt, er soll zum Nulltarif arbeiten. So wird es nicht gehen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: 200 Prozent Zuschlag, das ist auch ein bißchen viel! – Abg. Tichy-Schreder: Da gibt es Kollektivverträge!)

Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ich verstehe durchaus Ihre Aufregung, aber ich denke da auch an den Sprecher einer großen Handelskette in Österreich, der sagt: Es muß endlich Schluß sein mit den Zuschlagszahlungen bei längeren Öffnungszeiten! (Abg. Tichy-Schreder: Innerhalb der Wochenarbeitszeit!)

Bei längeren Öffnungszeiten muß Schluß sein mit den Zuschlagszahlungen, hat er gesagt. Das haben wir ausgemacht. Das ist Inhalt eines Kollektivvertrages, Frau Kollegin! Und dazu sollten wir auch stehen, im Interesse der Beschäftigten in Österreich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Tichy-Schreder: Hier im Haus werden die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst dazu verdammt, rund um die Uhr zu arbeiten!)

Meine Damen und Herren! Wenn wir über Deregulierung reden, dann sollten wir uns auch ein bißchen an Studien, die es in der Europäischen Union gibt, orientieren. Die Generaldirektion V hat im Zusammenhang mit dem Sozialdialog eine Studie erstellt unter dem Titel "Deregulierung und Beschäftigung", und ich zitiere aus dieser Studie:


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite