Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 191

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heute hätten wir uns über einiges unterhalten können, aber du hast meinen Ehrgeiz heute eigentlich in einer anderen Weise aufgestachelt, indem du nämlich gezeigt hast beziehungsweise versuchst zu zeigen, daß Wirtschaftsprofessoren um 23 Uhr auch kurz sprechen können. Vielleicht werde auch ich diesen Ehrgeiz erfüllen können.

Ich möchte mich daher jetzt auf einen Punkt beschränken. Ich glaube, es war interessant, daß wir heute – eigentlich das erste Mal in diesem Haus – von zwei Ministern eine längere und ausführlichere Stellungnahme zum Projekt der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion gehört haben. Man muß dazu anmerken, daß wir in diesem Haus über dieses Projekt bisher noch kein einziges Mal wirklich seriös und länger gesprochen haben. Das ist zweifellos etwas, was auch von uns zu ändern ist.

Ich möchte es natürlich nicht ad hoc, um diese Zeit, vor diesem erlauchten aber spärlichen Publikum ändern, ich glaube aber, daß wir uns das vornehmen müssen. Ich darf bei dieser Gelegenheit auch ankündigen, daß wir im Rahmen des Finanzausschusses mit dem Präsidium und dem Direktorium der Nationalbank zu diesem Thema ein Gespräch führen werden, denn ich meine, daß da auch das Parlament gefordert ist, und sicherlich ist vielen der Zeitplan bewußt.

In zwei Jahren wird über die Frage entschieden werden: Wer ist Mitglied der Währungsunion? Am 1. Jänner 1999 werden die Wechselkurse endgültig festgesetzt werden. Ab diesem Zeitpunkt kann der Euro als Währung verwendet werden. Und ab 1. Jänner 2002 wird der Euro die alleinige Währung sein. Das heißt: In weniger als sechs Jahren werden wir in Österreich mit dem Euro zahlen.

Ich meine, es ist für uns Parlamentarier eine Aufgabe, das Bewußtsein für die Änderungen, die damit verbunden sind, noch sehr viel deutlicher zu machen. Ich bin davon überzeugt, daß wir mit dem Euro zahlen werden. Die Wirtschaftsdaten zeigen sehr deutlich, daß Österreich zu jenen Ländern gehören wird, die das schaffen werden. – Morgen wird die Prognose des Instituts für Wirtschaftsforschung erscheinen, die zeigt, daß wir im Jahr 1998 etwa ein Nettodefizit von 3 Prozent haben werden.

Ich möchte sehr deutlich auch die politische Erklärung abgeben, daß wir von der Sozialdemokratischen Partei eindeutig zu diesem Projekt der Europäischen Währungsunion stehen. Wir glauben, daß diese Lösung gut für Österreich sein wird. Wir werden daher auch dafür kämpfen!

Ich möchte allerdings hinzufügen: Wir sehen dieses Projekt der Europäischen Währungsunion als ein Zukunftsprojekt, als ein nach vorn gerichtetes Projekt. Es gibt allerdings einige, die dieses Projekt auch als ein Projekt der Vergangenheit sehen, die glauben, über das Instrument Währungsunion zurückkehren zu können zu der Politik der dreißiger Jahre, zu einer Politik, bei der sich der Staat von jeder Stabilisierungsfunktion zu verabschieden hätte. – Das ist nicht die Konzeption, wie wir die Europäische Währungsunion sehen, und das ist auch nicht die Konzeption, wie sie in den Maastricht-Verträgen enthalten ist, in denen zum Beispiel in bezug auf die Stabilitätskriterien sehr deutlich unterschieden wird zwischen einem strukturellen Defizit, das zu reduzieren und aus meiner Sicht längerfristig total abzubauen ist, und einem konjunkturellen Defizit, das sehr wohl fiskalisch eine Rolle spielt und das vor allem in der Wirkung der automatischen Stabilisatoren durchaus eine Funktion im gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang hat.

Mehr möchte ich zu diesem Konzept und zu diesen Problemen heute nicht sagen. Ich möchte nur anregen, daß wir im Parlament uns sehr wohl intensiv mit diesem Thema beschäftigen. Ich freue mich, daß es heute in den Stellungnahmen der Minister angesprochen wurde. Ich sehe hiebei sozusagen eine weitere Bringschuld des Parlaments.

Ich möchte im übrigen dem neuen Wirtschaftsminister alles Gute und viel Erfolg wünschen. Für mich war es jedenfalls immer ein Vergnügen, daß wir uns schon lange kennen. Ich glaube, es ist günstig, hier jemanden zu haben, der das Geschehen und die österreichischen Wirtschaftsprobleme kennt, und – das möchte sehr betonen – es ist für mich ein Positivum, hier nun einen Wirtschaftsminister zu haben, der aus dem Bereich der Sozialpartnerschaft kommt. Ich glaube, wir sollten bewußt dazu stehen: Das ist ein institutioneller Standortfaktor Österreichs, und wer


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