Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 55

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ahnung hat, was ein Radar ist, was eine Wettervorhersage ist. Ich würde mich auch keinem derartigen Fluglotsen anvertrauen und schon gar nicht einem Rechtsanwalt.

Ich werde Ihnen sagen, was hier steht. Offensichtlich hat sich keiner die Mühe gemacht, diesen Ausbildungslehrgang zu studieren. Da steht sehr großmundig drinnen, daß man Wochenendlehrgänge besuchen kann, nämlich samstags von 9 – 13 Uhr; insgesamt dauert das zwei Jahre. Man muß also lediglich einen halben Tag pro Woche für die Ausbildung opfern. Na wunderbar, da kann ich nebenbei ruhig meinen Beruf ausüben.

Ich kann aber auch heimelig – wie es da drinnen steht – ganz einfach die Ausbildung per Video zu Hause machen. Also so etwas habe ich überhaupt noch nie gehört. Wollen Sie das wirklich als die neue seriöse Ausbildungsform propagieren, Frau Abgeordnete Motter? Ich lese Ihnen aus dem Prospekt vor, weil Sie sagen, 500 Leuten werde der Garaus gemacht – wortwörtlich habe ich das gehört. (Abg. Motter: Den Schulen wird der Garaus gemacht!)

Der Vorteil des Videostudiums – steht da drinnen – ist: Man kann sich die Unterrichtszeit selbst einteilen. Wunderbar. Zu Hause vor dem eigenen Fernsehschirm, in vertrauter Umgebung erleben Sie eine echte Unterrichtsveranstaltung. – Das heißt, wenn man sich ein Video anschaut, ist es nicht Rambo oder irgend etwas mit Arnold Schwarzenegger, sondern ein Heilpraktikervideo. Wenn man sich die ganze Videoserie kauft – die kostet über 60 000 S – und das durchstudiert hat, dann ist man Heilpraktiker. Sie glauben doch nicht im Ernst, daß das mit einem Medizinstudium vergleichbar ist? (Abg. Dr. Graf: Da muß man schon eine Prüfung einführen, und die Funktionäre nehmen sie dann gegen Entgelt ab!)

Es geht aber weiter: Wer lehrt in den Heilpraktikerschulen in Österreich? Es handelt sich immerhin um einen Konzern aus Deutschland, der nach Österreich einfach seine Aktivitäten verlagert hat, weil er wahrscheinlich, nehme ich an, keinen Verlust machen will, sondern Gewinne. Das ist legitim. Aber: Die Kosten betragen 80 000 bis 130 000 S, wenn nicht sogar mehr.

Da steht also: Die Dozenten sind entweder Heilpraktiker oder schulmedizinisches Personal – in Klammern: mindeste Qualifikation: cand. med. Wissen Sie, was ein cand. med. ist? – Das ist jemand, der noch nie einen Patienten gesehen hat, der vier oder fünf Prüfungen gemacht hat, das ist praktisch ein Studienabbrecher. Der braucht nicht einmal je einen Patienten gesehen zu haben, geschweige denn einen Patienten behandelt oder eine Krankheit diagnostiziert zu haben. – Das sind die Lehrer!

Meine Damen und Herren! Wir werden alle einmal Patienten sein – ich und Sie auch. Ich kann Sie nur anflehen: Sehen Sie ein, daß das ein Unfug ist, daß man von Leuten gelehrt wird, die nie einen Patienten gesehen haben. Und deren Schüler sollen dann Heilpraktiker werden, die dann mit dem Arzt gleichgestellt dasselbe erkennen und heilen wollen. Ich kann nur sagen: Das ist den Patienten gegenüber grob, grob fahrlässig. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wird heute sicher wieder jemand sagen: Ja, ja, das ist die Ärztelobby, und die will sich nur das Geschäft absichern. Die Vorgängerin der Frau Haidlmayr – die Grünen haben da ja wirklich eine Negativtradition – hat in der Ärztezeitung ein Interview gegeben, das wirklich mehr als bedenklich war. Sie schreibt da: Warum soll man Heilpraktiker nicht zulassen, wenn sie gewisse Standards erfüllen? – Diese Standards haben wir jetzt gesehen: cand. med., Videostudium zu Hause bei einem guten Glas Bier.

Weiters sagte sie: Der Heilpraktiker hat halt intuitive Fähigkeiten. – Ich nehme an, intuitiv bedeutet von oben irgendwo her oder durch den Polster in der Nacht. Der Arzt hat das halt leider im Studium lernen müssen, der Heilpraktiker kann intuitiv heilen und Diagnosen erstellen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. )

Wenn einem der Patient halbwegs am Herzen liegt – und wir alle werden einmal Patienten sein –, ist das sehr wichtig. Ich habe jetzt 20 Jahre mit Patienten zu tun und muß sagen, ich habe heute noch – das sage ich Ihnen ganz ehrlich – Angst vor Fehlern, die ich machen kann. Jeder Arzt macht Fehler (Abg. Dr. Pumberger: Der eine mehr, der andere weniger!) , ein Arzt, der sagt, er habe nie Fehler gemacht, lügt. Es ist nur die Frage, lieber Kollege Pumberger, wie viele


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite