Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 61

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hinterfragen. Ich glaube, die Praxis in diesem Bereich ist in der vergangenen Zeit einen falschen Weg gegangen.

Ich meine – und da liegt ein Grund unserer Problematik, die wir heute zu behandeln haben, bereits im Kern offen –, wir müssen, um gegen dieses Problem anzukämpfen, auch fragen, ob es nicht Sinn macht, in Zukunft die Pragmatisierung oder die Beamtenstellung nur mehr jenen Bereichen zuzuerkennen, wo tatsächlich Beamte im wahrsten Sinne zu finden sind, nämlich Beamte in der Hoheitsverwaltung, die tatsächlich mit der Vollziehung der Gesetze im ureigensten Sinn betraut sind.

Dann muß man schon die Frage stellen, ob man nicht einmal über Unvereinbarkeiten diskutieren muß, über Gewaltentrennung eines Beamten im engeren Sinn, der in der Hoheitsverwaltung tätig ist, und eines Mandatars, der in der Gesetzgebung tätig ist. Daß man dieses Thema diskutieren kann und in Zukunft wahrscheinlich auch muß, zeigen uns andere Länder vor. In der Bundesrepublik Deutschland wurde diesbezüglich eine saubere Lösung und eine Unvereinbarkeit getroffen. Nicht das Berufsverbot an sich ist der Wegweiser für die Zukunft, sondern es geht um ein Berufausübungsverbot während der Dauer des Mandates. Das ist der Kern der Frage! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der dritte Grund, daß sich sehr viele Beamte beziehungsweise aus dem öffentlichen Dienst oder aus dem öffentlichen Dienst nahestehenden Bereichen Kommende hier in diesem Haus tummeln, sind die Privilegien. Ich nehme als Beispiel etwas, das meistens untergeht und von niemandem genannt wird, her – es handelt sich dabei um ein wirkliches Privileg der öffentlich Bediensteten, das auch mit diesem Gesetz nicht beseitigt wird –: Artikel 59a B-VG. Gleich der erste Satz dieser Novelle verursacht bei mir als Nichtbetroffenem ein Aufstoßen und zeigt, daß es sich da um ein Privileg handelt.

Es heißt: "Dem öffentlich Bediensteten ist, wenn er sich um ein Mandat im Nationalrat bewirbt, die für die Bewerbung um das Mandat erforderliche freie Zeit zu gewähren." – Ich frage Sie: Warum ist der öffentlich Bedienstete gegenüber jemandem, der in der Privatwirtschaft tätig ist, oder gegenüber einem Freiberufler diesbezüglich privilegiert? Warum wird er für die Bewerbung um ein Mandat freigestellt?

Herr Präsident Verzetnitsch! Ich frage Sie: Warum nur diese Berufsgruppe? Warum kann nicht ein Beamter beziehungsweise ein öffentlich Bediensteter ebenso wie viele andere, die keine Privilegien haben und das so machen, in seinem Urlaub, im Zeitausgleich wahlkämpfen? – Dieses Privileg wird also nicht beseitigt, und das halte ich für einen schweren Fehler, da die derzeitige Systematik fortgesetzt wird und die Privilegiendiskussion so in diesem Bereich niemals verstummen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Viele Privilegien wurden von den Vorrednern durchaus schon bedacht: Es gibt ein Rückkehrrecht, es gibt ein Pensionsrecht; daneben gibt es noch sehr viele andere Privilegien, die wieder abgesegnet werden und von jemandem, der nicht aus dem öffentlichen Bereich kommt – und das ist in Österreich trotz dieser Pragmatisierungspraxis Gott sei Dank nach wie vor die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung –, überhaupt nicht verstanden werden.

Betroffen hat es mich aber gemacht, daß hier vom Rednerpult aus von Kollegin Hostasch und auch von Kollegen Nürnberger in Form von tatsächlichen Berichtigungen ihre eigene Funktion plötzlich abgeschwächt wird. Kollegin Hostasch und Kollege Nürnberger haben gesagt, sie hätten nur eine politische Funktion, nämlich die des Abgeordneten zum Nationalrat. Wenn sie sagen, daß die Funktion der Arbeiterkammerpräsidentin keine politische Funktion ist, da diese in einem Dienstverhältnis steht, und daß die Funktion eines Gewerkschaftspräsidenten keine politische Funktion ist, weil sie ein Dienstverhältnis darstellt, dann muß ich sagen: Wenn es überhaupt eine Entfernungszulage geben soll, dann haben diese beiden Herrschaften mit vielen anderen, die diese Meinung vertreten, eine in Millionenhöhe verdient, da sie sich in der Einschätzung dieser Position von der Bevölkerung um Lichtjahre entfernt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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