Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 196

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nung der Freiheitlichen Partei eins zu eins übernimmt, dann sind alle anderen die Bösen. Ich glaube, allein das ist so entlarvend, daß man sagen muß (Abg. Dr. Krüger: Eine Schwarz-Weiß-Geschäftsordnung ist das, Herr Kollege!) , das ist nicht nachvollziehbar. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich zitiere hier nur Krüger. Und ich wiederhole noch einmal, und ich würde es gerne auch zum wiederholten Male in den Stenographischen Protokollen lesen: Wenn alle Demokraten entsetzt waren über das, was in den Verhandlungen zwischen SPÖ, ÖVP, Liberalen und Grünen herausgekommen ist, dann sind offenbar diese vier Parteien keine Demokraten. Denn sonst müßte ich sagen: Khol war entsetzt über sein eigenes Ergebnis. Er war es nicht, also ist er kein Demokrat! (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger. ) Kostelka war nicht entsetzt über das eigene Ergebnis: Er ist also kein Demokrat. Waren Schmidt und Frischenschlager entsetzt? – Nein, also sind sie keine Demokraten. Wabl war nicht entsetzt, also ist er auch kein Demokrat. (Abg. Haigermoser: Und Kier?) Kier ist auch nicht entsetzt, also ist er auch kein Demokrat. Aber Haider – er ist abwesend, sozusagen nur in Astralleibform vorhanden – war entsetzt. Daraus schließe ich folgerichtig, daß er ein Demokrat ist! Wenn man also in der Minderheit bleibt, dann braucht man nur für sich in Anspruch nehmen, daß man entsetzt war: Dann ist man ein Demokrat.

Im Sinne der Kollegin Apfelbeck ist "der Akt des Herrschers über die Demokraten gerollt." Denn sie hat ja gesagt, daß dieser Kompromiß ein Akt des Herrschers war. Wenn also eine Mehrheit sich zu einem Kompromiß findet und entsprechend abstimmt, dann wird das zum Gesetz. Das Recht soll in diesem Lande das letzte Wort haben, und insofern herrscht es auch. Aber der Herrscher, den Kollegin Apfelbeck gemeint hat, sitzt in ihrer Fraktion und ist momentan nicht anwesend. Er demonstriert damit, daß er sich für die Geschäftsordnung überhaupt nicht interessiert, was mich auch nicht wundert. Denn wozu braucht er sie? – Er braucht sie bestenfalls für seine Selbstdarstellung. Und das ist im 24.20 Uhr nicht mehr gut möglich. Logischerweise ist er daher nicht da. In einer "Dritten Republik" würden wir keine Geschäftsordnung mehr haben. Da werden alle Demokraten zwar entsetzt sein, aber dann die wirklichen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen und bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

0.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Sie hat das Wort.

0.22

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Wir debattieren über die Geschäftsordnung. Wenn man die Geschäftsordnungsreform in der Öffentlichkeit oder bei der Basis im Wahlkreis diskutiert, wird man oft mit dem Argument konfrontiert: Das ist doch ganz einfach! In anderen Arbeitsforen werden auch Gesetze gemacht, Wissen produziert, Entscheidungen getroffen und so weiter. – Mit dem Parlament und mit dem Parlamentarismus hat es jedoch – wie wir heute schon deutlich sehen konnten – eine andere Bewandtnis. Es ist nicht so leicht, wie ein Außenstehender vielleicht meint, zu einem einstimmigen Ergebnis zu kommen. Daher freut es mich als noch nicht so lange im Amt seiende Parlamentarierin umso mehr, daß es zu einem Beschluß kommt, dem sich vier aufrecht demokratische parlamentarische Fraktionen anschließen, was sie auch vertreten können. Das ist ein schönes Erlebnis! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ, des Liberalen Forums.) Ich glaube, daß wir zu diesem Ergebnis auch mit einem Blick einerseits über die Grenzen und andererseits ein bißchen in die Tradition gekommen sind. Die europäischen Parlamente beziehen sich im wesentlichen auf die Demokratie und die Mitbestimmungsvorstellungen des klassischen Athen. Auch dort hat man bereits erkannt, daß überall dort, wo Menschen arbeiten, das "Menscheln" natürlich auch diszipliniert werden muß, daß man sich Instrumentarien schaffen muß, um Arbeit zu ermöglichen und gleichzeitig aber alle möglichen negativen Seiten auszuschließen. Wissen Sie übrigens, wie lange die dort mit der Wasseruhr gemessene Redezeit sein durfte? – Sechs Minuten! – Wir beschließen hier also eine eigentlich traditionelle und gleichzeitig sehr moderne Variante der Geschäftsordnung!

Die Demokratie hat sich weiterentwickelt, und in Europa haben sich – wir haben das teilweise schon gehört – zwei Typologien herausgebildet: zum einen der französische Typus mit dem Ort der großen Rede in Arenaanordnung – etwa so wie hier – mit Pathos und geschichtsmächtigen


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