Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 81

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13.38

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß der heutige Tag mit 16 "Wiener Stunden" und zwei dringlichen Anfragen neuerlich ein Beweis dafür ist, wie gut es war, gestern die Geschäftsordnungsreform zu beschließen, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich freue mich darauf, daß wir in der Herbstsession derartige Tage nicht mehr haben werden. Das ist meines Erachtens wirklich ein Mißbrauch des Parlaments, den wir heute wieder erleben (Beifall bei der ÖVP und bei Abg. Mag. Guggenberger ) , denn 16 Stunden plus zwei Dringliche würde bedeuten, daß wir morgen um 6 Uhr früh auch noch hier sind, und das kann es nicht sein, das kann nicht Parlamentarismus sein, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Graf: Wer hat 16 Stunden festgelegt?)

Aber zurück zur heutigen Diskussion. Fünf Punkte in aller Kürze.

Erster Punkt: Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist unbestritten, daß das, was wir als sogenanntes Krankenkassenpaket heute beschließen, in der Tat – das war ja den Medien der letzten Wochen zu entnehmen – ein gewaltiger politischer Kraftakt war. Ich glaube, es war für alle Beteiligten nicht angenehm, dieses Paket zu schnüren, im Ergebnis muß ich aber sagen, daß es meines Erachtens eine möglichst ausgewogene Balance zwischen ausgabenseitigen Einsparungen und einnahmenseitigen Maßnahmen ist. Politik ist halt immer die Kunst des Möglichen, aber ich glaube, es wurde zumindest versucht, diese Balance zu finden.

Meine Damen und Herren! Dieses Paket stellt die Finanzierung der Krankenkassen für die nächsten Jahre sicher. Ich gebe aber eines ganz offen zu: Ich wage nicht zu prognostizieren, wie viele Jahre das sein werden. Denn wir müssen so ehrlich sein, zu sagen, solange wir in der Gesundheitspolitik nicht strukturelle Reformen zusammenbringen, so lange werden die Krankenkassen immer hinterherlaufen und versuchen, durch neue Einnahmen die Ausgaben zu finanzieren.

Die Hauptherausforderung liegt bei der Gesundheitspolitik, das kann die Sozialversicherung allein nicht lösen. Wir brauchen strukturelle Reformen, weil sonst die Kostenexpansion im Gesundheitsbereich ungehemmt weitergehen wird. Es soll nicht den Gesundheitspolitikern der Ball zugespielt werden, aber wir sollten so ehrlich sein, zu sagen, das Paket stellt für einige Zeit die Finanzierung sicher, ist aber nicht die Strukturreform des Gesundheitswesens.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zweiter Punkt: Ich glaube, wir sollten auch so ehrlich sein – ich glaube, das heutige Paket ist ein Schritt in diese Richtung –, daß die Übertragung von kleinen finanziellen Risken an den einzelnen, von Risken in Höhe der Rezeptgebühr, Risken in Höhe der Krankenscheingebühr, mit Sozialabbau überhaupt nichts zu tun hat. Ganz im Gegenteil: Das sind Maßnahmen zur Finanzierung einer Leistungsexplosion, die wir heute erleben. Jeder von uns will, wenn er es braucht, eine künstliche Hüfte haben, ein künstliche Niere haben, ein künstliches Kniegelenk haben. Das ist eine Leistungs-, aber gleichzeitig auch eine Kostenexplosion! Für einen Tag in der Intensivstation im AKH betragen die Kosten 25 000 S, meine Damen und Herren! Für einen Tag!

Daher müssen wir die Kleinrisken dem einzelnen in die Eigenverantwortung übertragen, wenn wir vermeiden wollen, daß wir entweder eine Zweiklassenmedizin bekommen oder das Ganze auf Dauer nicht mehr finanzierbar wird.

Dritter Punkt: Es gibt in diesem Paket einen ganz großen Wermutstropfen für die Wirtschaft, das ist die Einhebung der Krankenscheingebühr.

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen ganz offen, es war – Politik als Kunst des Möglichen – dies nicht zu verhindern. Für mich ist das aber ein Startzeichen, mich mit aller Kraft – das kündige ich hier an: mit aller Kraft – dafür einzusetzen, daß dieses steinzeitliche System der Zettelwirtschaft namens Krankenscheinsystem möglichst rasch überhaupt abgeschafft wird. Es


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