Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 83

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Freiheitlichen.) Das zeigt, daß die Qualität der Regierungsvorlagen wirklich sehr zu wünschen übrig läßt!

Ein Paradebeispiel dafür ist die Änderung des Bäckereiarbeiter/innengesetzes, wie es so schön heißt. Mit diesem Gesetz wird das Nachtarbeitsverbot für gelernte Bäckerinnen aufgehoben. Abgesehen davon, Herr Minister, daß dieses Gesetz jetzt schon als Provisorium gesehen werden muß, weil ohnehin geplant ist, daß angeblich im Herbst eine Gesamtreform des Arbeitszeitrechts vorgenommen werden wird, ist dies meiner Meinung nach ein klassischer Fall von einer Ungleichbehandlung.

Das ist eine Ungleichbehandlung, bei der Arbeitnehmerinnen zweier Klassen geschaffen werden, und zwar einerseits die Klasse der gelernten Bäckerinnen, für die das Nachtarbeitsverbot aufgehoben wurde. Einerseits gibt es sehr wenig Bäckerinnen, weil es zum Erlernen dieses Berufes unbedingt notwendig wäre, auch um 3 Uhr oder 4 Uhr frühmorgens den Bäckereibetrieb kennenzulernen. Also gelernte Bäckerinnen sind eher in der Minderheit.

Andererseits haben Sie Arbeitnehmerinnen geschaffen, die im Bereich des Expedits von Backwarenbetrieben tätig sind. Das sind genau jene Frauen, die einen Druck ausgeübt haben, damit das Nachtarbeitsverbot für Beschäftigte in diesen Bäckereibetrieben ausgenommen wird. Aber genau für jene Frauen, Herr Minister, ist dieses Gesetz nämlich nicht anzuwenden. Es ist die Nachtarbeit für Bäckerinnen zwar ermöglicht worden, aber für ungelernte Arbeiterinnen in diesem Bereich bleibt die Möglichkeit der Nachtarbeit abhängig vom Kollektivvertrag, von Betriebsvereinbarungen oder Einzelvereinbarungen, von der betrieblichen oder persönlichen Notwendigkeit sowie der Möglichkeit des sicheren Erreichens des Betriebes oder der Zumutbarkeit des Weges zum Betrieb.

Ich finde, bei den Bäckerinnen ist es egal, ob sie in der Nähe des Betriebes wohnen, ob sie weiter weg wohnen oder ob sie den Betrieb in der Nacht sicher erreichen können. Da stellt sich die Frage nicht. Bei den Ungelernten müssen wieder Betriebsvereinbarungen getroffen werden, mit denen dieses Nachtarbeitsverbot aufgehoben werden kann. Für uns wäre es besser gewesen, Herr Minister, hätte es einen generellen Entfall des Nachtarbeitverbots für Arbeitnehmerinnen gegeben und nicht nur für eine bestimmte Clique – ich sage das einmal so, denn so kann man das bezeichnen.

Herr Minister! Sie wissen, wir fordern schon seit Jahren eine geschlechtsneutrale Regelung der Nachtarbeit. Sie wissen auch, daß bis zum Jahre 2001 seitens der EU eine Verpflichtung besteht, diese Regelung zu vollziehen. Voriges Jahr noch – ich kann mich noch ganz genau an diesen Sozialausschuß erinnern – waren Sie unseren Intentionen bezüglich des Aufhebens des Nachtarbeitsverbots für Frauen beziehungsweise einer geschlechtsneutralen Regelung der Nachtarbeit eher sehr negativ eingestellt.

Jetzt haben Sie sich dem Druck einer Berufsgruppe beugen müssen, aber leider nur in beschränktem Maße und unzureichend für alle in diesem Berufszweig tätigen Frauen.

Uns ist diese Änderung zu wenig weitreichend. Es wäre wirklich besser gewesen, wie ich schon erwähnt habe, das Nachtarbeitsverbot für alle Arbeitnehmerinnen in diesem Berufszweig aufzuheben.

Noch ein Wort zu den Werkverträgen. Ich habe schon bei der Debatte zum Strukturanpassungsgesetz und damals, als diese Werkvertragsregelung beschlossen wurde, davor gewarnt, daß es zirka 200 000 bis 300 000 Frauen gibt, die es speziell treffen wird, wenn die Sozialversicherungspflicht bei Werkverträgen eingeführt wird. Ich spreche noch einmal ganz konkret jene Frauen an, die im sogenannten Party-Vertrieb beschäftigt sind. Mich haben damals Zuschriften von verschiedenen großen Firmen erreicht, die einen Umsatz von 4 bis 5 Milliarden Schilling jährlich in Österreich machen und die gesagt haben: Sollte diese Werkvertragsregelung mit dieser niedrigen Geringfügigkeitsgrenze eintreten, so werden sie ihren Vertrieb umstellen, nämlich dahin gehend, daß sie in das benachbarte Ausland gehen und diese Bestellungen per Katalog durchführen werden. – Das würde also für 200 000 bis 300 000 Arbeiterinnen in diesem


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