Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 146

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Herr Abgeordneter Stadler! Reißen Sie sich etwas zusammen, disziplinieren Sie sich etwas! Ich habe ja nichts dagegen, wenn Sie einen intelligenten Zwischenruf machen. Ich wäre sehr dafür, wenn Sie auch einmal einen intelligenten Zwischenruf zuwege brächten! (Abg. Koppler: Ätzend! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Bitte, lassen Sie den Redner ausreden. Er hat ohnehin nicht mehr viel Redezeit.

Bitte, Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort. Fahren Sie fort!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend) : Danke, Herr Präsident! Aber wenn Herr Abgeordneter Stadler glaubt, diese Diskussion unterbrechen zu müssen, ... (Der Redner trinkt einen Schluck Wasser. – Abg. Wabl: Der Anstands-Stadler! – Abg. Mag. Stadler: Jetzt hat er ein Glas Wasser verinnerlicht, damit er den Text wiederfindet!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht darum, eine neue Rolle für die Neutralität innerhalb von geänderten Bedrohungsszenarien zu finden. Und ich meine, es ist für Österreich durchaus möglich, sinnvoll und positiv, an der aktiven Neutralitätspolitik anzuknüpfen, wie sie der ehemalige Bundeskanzler Kreisky zu entwerfen versucht hat. Es ist sinnvoll, Neutralität als Friedenspolitik zu definieren, als Vermittlungsauftrag und Neutralität in internationalen Konflikten anders wahrzunehmen, als das etwa Außenminister Mock gemacht hat, nämlich Neutralität wahrzunehmen als Vermittlungspolitik, die tatsächlich versucht, mit friedlichen Mitteln, mit aktiver Politik zu intervenieren und nicht nur Partei zu ergreifen für eine bestimmte Gruppe.

Die Bedrohungsszenarien haben sich geändert. Es gibt nicht mehr nur den West-Ost-Konflikt. Bundeskanzler Kreisky hat schon damals darauf hingewiesen, daß es auch um den Nord-Süd-Konflikt geht. Es ist auch notwendig, daß wir als neutraler Staat hier in Europa klar Partei ergreifen und daß wir uns nicht vereinnahmen lassen für eine Sicherheitspolitik, die eine versteckte Rüstungspolitik ist, Herr Abgeordneter Frischenschlager! (Zwischenrufe beim Liberalen Forum.)

Es ist notwendig, daß wir uns klar positionieren in einer internationalen Ordnung, und zwar zugunsten derer, die derzeit unter dieser Hochrüstung leiden, die diese Hochrüstung nicht mitmachen können und nicht mitmachen wollen, die von dieser Hochrüstung auch bedroht werden, und zwar deswegen, weil es um den Zugang beispielsweise zu den Rohstoffquellen geht, weil es darum geht, daß sich der Norden auch deswegen in einer neuen Sicherheitsarchitektur organisiert, damit der Weg zu diesen Rohstoffquellen frei wird.

Bei allem, was man über diesen Konflikt um den Irak sagen kann, muß man auch festhalten: Dort erfolgte die Intervention deswegen so schnell, weil es um den Zugang zu diesen Rohstoffquellen gegangen ist. Und das kann man vom Jugoslawien-Konflikt beim besten Willen nicht sagen, nämlich daß dort schnell interveniert worden wäre.

Neutralität ist mehr als die bloße Enthaltsamkeit von Militärbündnissen und Militärpakten. Neutralität definiere ich in einem umfassenden Sinn: Neutralität ist wirklich als aktive Politik zu verstehen. Und deshalb habe ich auch meine Probleme mit jener Definition, wie sie vom sozialdemokratischen Abgeordneten Schieder hier angesprochen wurde. Sie unterscheidet sich meiner Ansicht nach auch grundsätzlich von dem, was der Bundeskanzler gesagt hat. Der Bundeskanzler hat nur ganz flockig und flauschig von Konturen einer europäischen Sicherheitsarchitektur gesprochen, in der Österreich als Mitgestalter auftreten kann.

Abgeordneter Schieder hat davon gesprochen, daß Österreich zunächst einmal zusehen soll, wie quasi die Grundfesten ausgehoben werden und der Bau errichtet wird – und erst dann könne sich Österreich beteiligen. – Das sind grundsätzlich unterschiedliche Optionen, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei! An Ihre Adresse ist das gerichtet! Sie müssen sich dazu bekennen, ob Sie diese aktive Neutralitätspolitik, wie sie uns Bundeskanzler Kreisky vorgelebt und versucht hat, sie für Europa zu entwickeln, fortsetzen wollen, ob Sie an dieser Position anknüpfen wollen oder ob Sie dort mitmachen wollen, dorthin gehen wollen, wo die Österreichische Volkspartei und die Freiheitliche Partei uns hinführen wollen.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite