Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 167

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Schon bald nach dem 1985 erfolgten Verkauf des Unternehmens an den Continental-Konzern mußte Semperit die wichtigsten Kunden an die Konzernmutter abgeben, dann wurde die Forschungs- und Entwicklungsabteilung abgezogen und im Stammwerk angesiedelt; schließlich mußte der österreichische Standort mit der Konzerntochter BARUM in Otrokovice (Tschechien) um Aufträge streiten.

Ende 1995 lief die von Conti gegebene Standortgarantie für Traiskirchen aus. Bei einer vorzeitigen Schließung hätte Conti rund 10 Prozent der erhaltenen Förderungen zurückzahlen müssen.

Semperit wurde von seiner Konzernmutter sehenden Auges auf eine mit Niedriglohnländern nicht konkurrenzfähige, technologisch veraltete, verlängerte Werkbank reduziert und durch den EU-Beitritt auch noch seines wichtigsten Marktes, Japan, beraubt.

Verkaufte Semperit noch 1992 mehr als 2 Millionen Reifen nach Japan, so waren es 1994/95 nur noch 500 000. Für heuer wird noch mit einem Absatz von 250 000 Reifen gerechnet, 1997 wird es keinen Verkauf von Semperit-Reifen an Japan mehr geben. Ende Juni 1996 lagerten in Traiskirchen 1 020 000 Stück PKW-Reifen und 145 000 Stück LKW-Reifen. Ein derart hoher Lagerbestand war noch nie da!

Die Bundesregierung wußte nachweislich bereits vor dem Beitritt Österreichs zur EU von den zu erwartenden katastrophalen Folgen für die Kfz-Zulieferindustrie und den negativen volkswirtschaftlichen Effekten eines Ausfalles des Japangeschäfts (Studie: Volkswirtschaftliche Effekte der österreichischen Kfz-Zulieferungen nach Japan. Wien 1992). Dennoch hat sie es verabsäumt, durch haltbare internationale Vereinbarungen und Verträge mit Japan und der Europäischen Union den Bestand dieses für Österreich so wichtigen Wirtschaftszweiges zu sichern.

Die Auswirkungen des Wegfalls der Zollbegünstigungsregelung mit Japan auf die Semperit Reifen AG sind ruinös:

Ausfall des Exportvolumens nach Japan .................................................................

1 430 Millionen Schilling

Ausfall von Nachrüstungsbedarf im österreichischen Markt von Semperit Reifen durch Import von japanischen Reifen als Folge der Erstbereifung ..........................

322 Millionen Schilling

Ausfall von Nachrüstbedarf an Semperit Reifen in den übrigen westeuropäischen Märkten ......................................................................................................................

1 490 Millionen Schilling

 

Im Fall der gesamten österreichischen Kfz-Zulieferindustrie – Österreich war jahrelang hinter den USA der zweitgrößte Lieferant automotiver Teile – stellt sich die reale wirtschaftliche Lage nunmehr wie folgt dar:

Sämtliche große österreichische Lieferanten automotiver Teile – Semperit, VOEST-Glas, Schmidt Feldbach, Asota, Novoflor, Palfinger, Leykam ... – sind unter enormen Preisdruck geraten und verzeichnen teilweise dramatische Umsatzeinbrüche.

"Zum Preisdruck der Abnehmer kommen seit 1. Jänner die negativen Folgen des EU-Beitritts: Das durch den EU-Beitritt ausgelaufene Gegenlieferungsabkommen mit Japan sollte zwar ursprünglich durch eine EU-konforme Vereinbarung ersetzt werden, doch trotz vollmundiger Versprechungen des Wirtschaftsministeriums sieht es derzeit nicht danach aus, als ob die Bemühungen der österreichischen Verhandler von Erfolg gekrönt wären. Wenn nicht, sind der Zuliefervereinigung AOEM zufolge 3 800 Arbeitsplätze in Gefahr.

Leidtragende sind all jene Firmen, die sich stark aufs Japangeschäft konzentriert hatten und teilweise zu Preisen lieferten, die ohne den sanften Zwang des Abkommens jetzt nicht mehr konkurrenzfähig sind. So lieferte Semperit 1992 noch 2,4 Millionen Reifen nach Japan, während es heuer nur noch etwas mehr als 500 000 sein werden." (Industrie Magazin; Nr. 6, Juni 1995)

Betrug das gesamte Exportvolumen der österreichischen Zulieferer in Spitzenjahren noch 4,3 Milliarden Schilling, so ist der Rückfall der Jahre 1995/96 dramatisch.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite