Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 202

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Und so hatte Generaldirektor Androsch nicht nur für die CA-Gruppe ein Problem zu lösen, sondern auch ein persönliches, denn er hat den Auftrag erhalten, diesen Konzern zu sanieren.

Und was bietet sich in so einem Fall an? – Semperit teilen, Partnersuche, Verluste minimieren, Verlustbringer wegbringen, zu verkaufen, ohne lange herumzufackeln, herschenken, und damit das Herschenken noch attraktiver ist, noch etwas draufsetzen; Investitionsprämien und so weiter.

Das wurde gemacht – das wissen wir –, und das ist der Ausgangspunkt.

Dr. Androsch konnte aber das Problem nicht alleine lösen, er hat sich an seine Freunde wenden müssen – in der SPÖ in erster Linie, auf Landes- und auf Bundesebene –, um ihm die 1,2 Milliarden Schilling, die man dann an das Unternehmen transferiert hat, in Tranchen zu ermöglichen.

Im nachhinein muß man natürlich schon die Frage erheben: War das gescheit? War das Industriepolitik oder war das eine temporäre Arbeitsplatzgarantie? War das ein Ersatz für die Inanspruchnahme eines Insolvenz- oder Arbeitslosenfonds und all diese Dinge?

Man muß sich auch fragen, ob damals die Verträge auch richtig verhandelt worden sind, ob damals mit dem Management Klartext gesprochen wurde, ob, wie man auf "deutsch" so schön sagen würde, "Tacheles" gesprochen wurde mit dem Conti-Management. – Ich glaube nicht.

Mein Eindruck ist, daß man das Unternehmen sehr, sehr schnell verkaufen wollte und ein Problem sehr, sehr schnell loswerden wollte. Und da hat man nach meinem Dafürhalten nicht gefragt: Was wird in zehn Jahren mit dem Standort sein? Was wird sein mit den Forschungsaktivitäten? Was wird sein mit der Marke? Man war, glaube ich, großzügig, und ich glaube auch, daß man das eine oder andere übersehen hat.

Meine Damen und Herren! Viele Indizien deuten also darauf hin, daß man die Standortsicherung vielleicht nicht mit dem notwendigen Ernst betrieben hat, mit jenem Ernst, wie man vermutet hätte und wie man ihn sich vielleicht auch von der Politik erwartet hat.

Mir geht allerdings in der Diskussion auch eines ab: daß der Aufschrei rechtzeitig gekommen wäre. Als es etwa darum ging, die Fahrradreifen-Produktion einzustellen, war kaum ein Aufschrei da. Man hat gesagt, man bedauere, es sei schwierig, die Märkte hätten sich geändert, es seien Überkapazitäten da, es rentiere sich nicht. – Fertig.

Man hat auch kaum geschrieen, als sich der nächste Schritt abgezeichnet hat, meine Damen und Herren, als es in Richtung Zurücknahme der F-&-E-Abteilung am LKW-Reifensektor ging.

Man hat dann schon etwas lauter geschrieen, als es darum ging, die Forschungsaktivitäten im PKW-Reifenbereich nach Deutschland zu transferieren, aber das Schreien war deshalb nicht so laut, weil immerhin damit auch das Angebot des Conti-Managements verbunden war, die Entwicklungsingenieure in Deutschland weiterzubeschäftigen.

Ich möchte nur versuchen, hier auch etwas zu objektivieren und nicht immer nur schwarzweißzumalen. – So weit, so gut. Oder – wenn Sie wollen –: So weit, so schlecht.

In der Zwischenzeit hat sich auf der Produktivitätsseite natürlich einiges getan. Immer weniger Werke mit immer weniger Beschäftigten produzieren aufgrund eines gigantischen Technologieschubes und aufgrund getätigter Rationalisierungsinvestitionen immer mehr Reifen – das ist eine Tatsache –, und daraus entstehen Überkapazitäten und ein enormer Wettbewerb. Das kann auch hier herinnen niemand leugnen. An dieser Tatsache kann das Conti-Management nicht vorbeigehen, kann der Abgeordnete Haider nicht vorbeigehen, kann der Kollege Verzetnitsch nicht vorbeigehen, auch wenn er meint, das, was sich hier alles abgespielt hätte, sei Zeichen und Markenbegriff für Kapitalismus pur.


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