Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 229

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Und so sehr mir das, was Van der Bellen gesagt hat, gefällt, so sehr mir seine Argumente sympathisch waren: Das muß man erst umsetzen. Das, was hier als die Macht der Konsumenten ausgespielt wurde, das muß man erst auf die Straße bringen. Das ist nicht ganz so einfach, solange nicht auch die Produkte stimmen.

Darüber hinaus – und das ist mir ganz wichtig, und damit komme ich zum Schluß –: Das, was hier mit Semperit gemacht wurde, hat ja Tradition in dem Konzern, aus dem es herausverkauft wurde. Das ist ja nicht der einzige Fall. Ich denke zum Beispiel nur an die Firma Ruthner, ein hochinnovatives Unternehmen, das in Schwierigkeiten war. Es wurde unterpreisig verkauft, und der Käufer konnte innerhalb von drei Bilanzjahren ein Vielfaches des Kaufpreises dort herausholen. Aber er hat gleichzeitig die Forschung stillgelegt und zu sich verlagert, und er hat gleichzeitig das Know-how transferiert und aus dem Unternehmen eine verlängerte Werkbank gemacht.

Das sind ja keine neuen Phänomene, und daher ist hier von der Bundesregierung einzufordern, nicht so überrascht zu sein, nicht so verblüfft zu reagieren, wenn so etwas passiert. Und auch die Gewerkschaft wäre gut beraten, nicht erst dann, wenn die Schmerzen aufgetreten sind, nach irgendeinem raschen Schmerzmittel zu rufen, sondern frühzeitig an die Probleme heranzugehen.

Und die Bank, die das verkauft hat, hatte damals einen politisch eindeutig zuordenbaren Generaldirektor, der hat Androsch geheißen. Sie war mehrheitlich im Besitz der öffentlichen Hand. Also wenn noch nicht einmal dann, wenn die öffentliche Hand Mehrheitseigentümer einer Bank ist, die auch Industriebetriebe und Beteiligungen hat, wenn nicht einmal dann die Wirtschaftspolitik imstande war, anders zu agieren, obwohl sie die unmittelbaren Möglichkeiten gehabt hätte, dann ist meine Hoffnung, daß es jetzt, wo sie diese Möglichkeiten nicht mehr hat, weil das Eigentum weggegeben wurde, sehr gering, wenn nicht endlich eine Industriepolitik in europäischer Dimension beginnt. Wenn das die Lehre aus dem Fall Semperit ist – in einer langfristigen Dimension zumindest –, wäre das durchaus etwas wert. Kurzfristig allerdings ist die Bundesregierung herzlich eingeladen, sich mehr einfallen zu lassen als schöne Worte. (Beifall beim Liberalen Forum.)

0.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haigermoser. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

0.23

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte kurz noch einige Argumente skizzieren. Fast wäre ich gehalten, eine weitere Wurmitzer-Rede zu halten. (Demonstrativer Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.) Meine Damen und Herren, ich glaube aber, es wäre der Ehre zuviel.

Vielleicht auch einen Blick zurück, wie Wurmitzer es getan hat: sein Blick nach Magdalen. Meiner geht zurück in meine Kindheit, als ich das erste Mal mit Semperit Bekanntschaft machte. Es war das, als mir meine Mutter eine Wärmflasche aus diesem Werk auflegte. Schorsch Wurmitzer hätte heute wohl eher einen Eisbeutel gebraucht ob seiner hitzigen Beiträge, die noch dazu substanzlos waren, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder : Die war zu heiß, die Wärmflasche!)

Ich glaube aber, daß 2 400 Einzelschicksale, verbunden damit die Schicksale der Familienangehörigen, zu ernst sind, Herr Kollege Schieder, um die Probleme der Mitarbeiter dieser Region Niederösterreichs "herunterzudodeln" – ich sage das in dieser Deutlichkeit, Herr Kollege –, "herunterzudodeln" in der Form, daß nämlich in dieser sozialistischen Koalition bis dato nicht einmal ein Funken einer ordentlichen Industriepolitik zu sehen war. Die Ergebnisse haben Sie heute auf dem Tablett serviert bekommen, meine Damen und Herren. Leider Gottes wird auch der Domino-Effekt eintreten in der Form, daß in dieser Region auch die klein- und mittelständischen Betriebe in die Pleite geführt werden. Dafür haben Sie von der sozialistischen Koalition die Verantwortung! Und Schorsch Wurmitzer hätte heute Vorschläge bringen sollen, wie diese Situation verbessert werden kann.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite