Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 150

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Man könnte das beliebig fortsetzen: im Bereich der Universitäts- und Hochschulassistenten, im Bereich der Erwachsenenbildung, beim Hauptmünzamt, bei Priestern der katholischen Kirche, bei Notariatskandidaten und so weiter und so fort.

Aber diese eine Ausnahmeregelung oder vielmehr zwei erregen unseren ganzen Unmut, wenn ich auch dazusagen muß: Ich habe schon bei der Beschlußfassung vor der Sommerpause gesagt, ich würde mir wünschen, daß all diese Ausnahmen mit einer entsprechenden Übergangsfrist wegkommen, denn diese Ausnahmen machen es uns nur schwerer, Neuerungen durchzusetzen, und Neuerungen brauchen wir ständig. Uns geht es um die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung einer Solidargemeinschaft, und diese bedarf nun einmal einer gesetzlichen Regelung. (Beifall bei der SPÖ.)

Um diesen Weg fortzusetzen, wollten wir mit der Werkvertragsregelung mehr in Richtung Beitragsgerechtigkeit, in Richtung Ausbau des sozialen Schutzes gehen und schließlich Umgehungsmöglichkeiten beseitigen. Diese gibt es, sonst wäre die Aufregung nicht so groß, meine Damen und Herren.

Ziel unserer Aktivitäten muß es sein, langfristig eine Änderung des Arbeitnehmerbegriffes zu erreichen. Denken wir da an die Telearbeit. Wir müssen auch erreichen, daß alle Erwerbseinkommen ab einer gewissen Grenze und bis zu einer Höchstbeitragsgrundlage, die jeweils anzupassen ist, sozialversicherungspflichtig zu sein haben.

Genau diese Absichtserklärung steht in der gestern paktierten Änderung der Werkvertragsregelung im letzten Absatz, und darüber bin ich sehr froh. (Abg. Mag. Peter: So nicht!) Wir müssen unser Sozialversicherungssystem permanent weiterentwickeln und dürfen es nicht in Frage stellen, wie das immer passiert, wenn wir von Versicherungspflicht statt Pflichtversicherung reden und wenn wir von freier Kassenwahl und Wettbewerb bei den Krankenkassen sprechen. Das ist sicher nicht der richtige Weg! (Beifall bei der SPÖ.)

19.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Er hat das Wort.

19.00

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wir aus den Diskussionen um die Problematik der Werkverträge wissen, sind wir mit einer gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Entwicklung konfrontiert, welche die Grenzen zwischen Arbeitsvertrag, Werkvertrag, dienstnehmerähnlichem Vertrag, echtem, unechtem Werkvertrag und freiem Arbeitsvertrag immer fließender werden läßt. Das ergibt sich vor allem aus der technischen beziehungsweise technologischen Entwicklung – zum Beispiel Telearbeit –, wodurch wir sehen, daß die Elemente des klassischen Arbeitsvertrages einfach immer geringer werden und eigentlich die Elemente der Selbständigkeit immer mehr zum Tragen kommen.

Herr Kollege Peter! Wenn wir uns anschauen, wie das ASVG den Dienstnehmerbegriff definiert: Dienstnehmer ist, wer in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt ist (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter ), und wenn wir wissen, daß es primär auf die Frage der persönlichen Abhängigkeit ankommt, daß die persönliche Abhängigkeit definiert ist nach der Judikatur: Wer über seine Arbeitszeit und Arbeitseignung nicht frei verfügen kann, ist im Zustand der persönlichen Abhängigkeit, dann sehen wir insbesondere durch die technische Entwicklung, Beispiel Telearbeit, daß es immer mehr möglich wird, aus den starren Grenzen des Arbeitsvertrages auszubrechen, weil dieses Charakteristikum, über seine Arbeitszeit und Arbeitseignung nicht frei verfügen zu können, immer geringer wird. Der Dienstnehmer sitzt halt zu Hause, es kann seine Frau, seine Tante, sein Onkel einen Teil der Arbeit erledigen, und damit ist das klassische Merkmal des Arbeitnehmerbegriffes nicht mehr gegeben.

Das geht bis hin zur Tatsache, daß ja heute eine Entwicklung auch in der Praxis gegeben ist, und diese werden wir, bitte, mit keinem Gesetz bremsen können. Diese Entwicklung reicht bis zur echten Selbständigkeit, wodurch man der gesamten Werkvertragsproblematik überhaupt


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