Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 157

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Frau Präsidentin Hostasch, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dies dem Herrn Verzetnitsch ausrichten. Es wird wohl nicht glaubhaft sein, wenn er von einem einheitlichen Arbeitnehmerbegriff spricht und immer nur Arbeiter und Angestellte meint und auf die öffentlich Bediensteten vergißt. Ich freue mich schon sehr, wenn wir den Vorschlag hier ins Hohe Haus bekommen – der Sozialminister wird sicher auch daran mitarbeiten –, für alle Dienstnehmer in dieser Republik einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff zu schaffen.

Die Wirtschaft und die Europäische Integration sind die Themen, die uns wohl vordringlich nicht nur heute, sondern auch im nächsten Jahr beschäftigen werden. Den weltweiten Wettbewerb haben bisher nicht nur die Unternehmer, sondern sogar auch schon die Mitarbeiter zu spüren bekommen. Die Unternehmer haben eine Pufferrolle für Veränderungen am Markt. Diese Veränderungen können wir nun als Bedrohung oder Herausforderung begreifen. Ich bedauere, daß viele politische Verantwortungsträger sie als Bedrohung definieren. Ich glaube, wir können sie nur als Herausforderung sehen.

Das erfolgreiche Land Österreich wird sich ändern müssen und darf nicht in der Vergangenheit bleiben. Ist es nicht notwendig, daß sich viele von uns aus dem Gefängnis der Erfahrung befreien, die uns immer erzählen, wie erfolgreich etwas gewesen ist? – Ja das mag schon sein. Aber das, was in den achtziger Jahren erfolgreich war, ist nicht der mindeste Garant dafür, daß es auch in den neunziger Jahren oder zum Jahrtausendwechsel zum Erfolg führt. Eigentlich wäre es doch die Aufgabe dieser Bundesregierung und die Aufgabe des Regierens schlechthin, vorneweg zu marschieren, eigene Reformfähigkeit zu demonstrieren, statt die Europäische Union als rhetorischen Blitzableiter zu verwenden.

Warum macht eigentlich diese Bundesregierung immer reaktive statt aktive Politik? Warum ist diese Bundesregierung eigentlich eine Getriebene, die im permanenten Krisenmanagement arbeitet? Sie kommen jetzt drauf, daß wir zuwenig Lehrstellen haben? Jetzt fällt Ihnen geschwind etwas ein, ein Lehrlingsfonds, eine Steuerabschreibung oder sonst etwas? Seit 10 Jahren sind sie an der Regierung. Das Lehrlingsthema ist doch schon seit vielen Jahren ein brennendes.

Auf den Arbeitsplatzverlust kommen Sie jetzt drauf? Darauf, daß die Arbeitskosten nicht konkurrenzfähig sind, kommen Sie jetzt? Forschung und Technologie sind auf einmal in aller Munde. Ja glauben Sie wirklich, daß unser Forschungs- und Technologiedefizit sich dadurch ändert, daß der Herr Bundeskanzler auf diesem Platz eine gescheite Rede hält? Und was geschieht jetzt? (Abg. Schwarzenberger: Die vom Vizekanzler war sehr gut!) Sie war rhetorisch gut. Inhaltlich war es dasselbe, was der Bundeskanzler gesagt hat.

Aber was nützt denn das, wenn ich mir das jetzt hier in Parlamentsreden anhöre, wenn die Fehler in der Technologie- und Forschungspolitik aus den letzten drei, vier, fünf Jahren herrühren, in denen die Sozialdemokraten und die Österreichische Volkspartei in einer großen Koalition regiert haben.

Diese Regierung agiert immer schaumgebremst im nachhinein und ist – von den Sozialpartnern leider nicht befördert, sondern weiter gebremst – von einem Brandherd zum anderen unterwegs. Das macht mir Sorge um den Wirtschaftsstandort Österreich. Politik ist die Beantwortung der Frage: Was kommt danach? Sie ist die Gestaltung der Zukunft und nicht die Reparatur der Vergangenheit.

Über die Werkvertragsregelungen konnten wir schon diskutieren, und es ist ganz erstaunlich, daß man eine Reform des sozialen Netzes damit beginnt, daß man Ausnahmen schafft. Es ist doch erstaunlich, daß man nicht den Mut hat, das soziale Netz wirklich zu reformieren, das unverzichtbar ist für unser Land, das der größte Beitrag zur politischen Kultur in diesem Land ist. Auch an dem schraubt man im nachhinein in einer Feuerwehraktion herum.

Haben Sie von den Regierungsparteien den Mut – Sie tragen die Verantwortung –, die Selbstveranlagung jedes mündigen Bürgers zu verlangen! Und dann, wenn Sie alle sieben Einkommensarten in der Einkommenssteuererklärung haben, dann können wir darüber diskutieren,


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