Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 31

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"Kleinen Zeitung" gegeben hat, sagt er: "Wir erleben zurzeit eine Vertrauenskrise innerhalb der Europäischen Union. Wir müssen gemeinsam das Vertrauen beim Bürger wiederherstellen. Natürlich haben die Mitgliedstaaten ihre Hausaufgaben zu verrichten."

Ich glaube daher, daß wir die außenpolitische Debatte heute auch in der Richtung nutzen sollten, bei der österreichischen Bundesregierung zu hinterfragen: Wie sind denn die Hausaufgaben im Hinblick auf die Europäische Integration in Österreich tatsächlich gelöst worden? Existiert hier nicht gerade zwischen den beiden Regierungsparteien eine Reihe von Widersprüchen, die zumindest einmal einer Klärung bedürfen?

Herr Vizekanzler! Wie steht es mit der Außenpolitik etwa in Fragen der Sicherheitspolitik, wo Sie immer wieder auch – man könnte Ihnen das ja anhand von öffentlichen Erklärungen vorlegen – die Neutralität relativieren und die Meinung vertreten, daß wir uns in Richtung WEU- und NATO-Mitgliedschaft bewegen, während andererseits Ihr Koalitionspartner so tut, als wäre die Neutralität sakrosankt und müßte ein für allemal auch in einer zukünftigen europäischen Sicherheitsarchitektur als fixer Bestandteil Österreichs verankert werden? Wie steht es also damit? Gibt es eine offizielle Linie dieser Bundesregierung?

Wie steht es mit der Frage der Wirtschaftspolitik? – Auf der einen Seite werden Sozial- und Umweltdeklarationen von den beiden Regierungsparteien vorgegeben, auf der anderen Seite stimmt man aber im Europaparlament dagegen, daß etwa die Kennzeichnungspflicht von genetisch manipulierten Nahrungsmitteln eingeführt wird. Sogar Ihre eigene Fraktion hat es im Europaparlament verhindert, daß es zu dieser wesentlichen Umweltmaßnahme, aber auch Maßnahme für den Konsumentenschutz kommt.

Wie steht es mit der Bannung der Gefahr des Sozialdumpings? – Gerade heute am Weltkindertag muß man sich ja wirklich bewußt machen, daß Europa gegenwärtig geöffnet ist gegenüber einer Weltwirtschaft, bei der nicht differenziert wird, unter welchen Bedingungen Produkte erstellt werden. Dort, wo Kinderarbeit an der Tagesordnung ist, dort, wo elementare soziale Rechte mißachtet werden, dort, wo Grund- und Freiheitsrechte mit Füßen getreten werden, wo Jugendliche in Nacht- und Schichtarbeit tätig sind, erstellt man natürlich wesentlich billigere Produkte, als sie hier unter den strengen Sozial- und Umweltstandards in Österreich erarbeitet werden können. Diese Produkte importiert man dann, um so eigentlich auch noch den österreichischen Betrieben das Geschäft und die Arbeitsplätze wegzunehmen.

Welche Antwort gibt hier die offizielle Politik dieser Bundesregierung darauf? – Bis heute nur Schweigen dazu! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie schaut es aus mit der Freiheit des Personenverkehrs? – Ich kann mich sehr gut daran erinnern, daß Dr. Mock bei den ersten Verhandlungen immer gesagt hat, eines der wesentlichen Elemente dieser Europäischen Union sei die Freizügigkeit des Personenverkehrs. – Gestern sprach der Bundeskanzler davon, daß das nicht mehr so sein soll, weil es gefährlich ist, weil damit das Lohndumping verbunden ist – etwas, was wir Ihnen bereits vor dem EU-Beitritt 1994 gesagt haben.

Was für eine Linie hat jetzt die Regierung? Sind Sie dafür, daß Lohndumping bekämpft und damit die Freizügigkeit des Personenverkehrs eingeschränkt wird, oder gelten weiterhin die vier Freiheiten, zu denen sich auch Österreich im Rahmen des Vertrages mit der Europäischen Union bekannt hat?

Wie schaut es aus, welchen wirtschaftspolitischen Weg gehen wir? Gehen wir den Weg der monetären Sanierung, um die Maastricht-Kriterien zu erlangen, oder gehen wir den Weg, den Ihr sozialistischer Partner immer wieder ankündigt, indem er sagt, eigentlich wollen wir primär eine beschäftigungspolitische Variante, auch was die europäische Wirtschaftspolitik anlangt, verfolgen? – Das sind zwei grundverschiedene Dinge. Vranitzky kündigt ständig Beschäftigungsinitiativen im Rahmen der EU an, Sie verfolgen mehr den monetären Sanierungsweg, um die Maastricht-Kriterien zu erreichen. Welchen Weg geht die österreichische Bundesregierung hier wirklich?


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