Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 83

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am Neujahrstag, am Altjahrstag? – Da wirst du auch arbeiten! Und am 6. Jänner auch noch und so weiter und so fort. – Offensichtlich brauchen wir Menschen, die zu dieser Zeit arbeiten, damit Sie Silvester feiern können, und wir freuen uns darauf, Ihnen Freude zu bereiten, Ihnen einen schönen Abend zu bereiten.

Wenn wir also Kinder davon ausschließen – was legitim ist –, dann heißt das, daß wir dort keine Lehrlinge ausbilden sollen. Das ist eine ganz klare Weisung. Denn ein junger Mensch, der in diesen Beruf geht, weiß doch, daß er, wenn er den Beruf erlernt hat, zu Weihnachten nicht zu Hause sein wird.

Mir hat einmal ein grüner Abgeordneter aus Tirol erklärt, daß ich eigentlich ein sozialer Krüppel bin, weil meine Kinder Weihnachten nicht um Punkt 18 Uhr feiern. Herr Kollege Öllinger, ich habe ihm geantwortet: Wir feiern in meiner Familie Weihnachten um 16 Uhr, um um 18 Uhr das zu tun, was eigentlich Weihnachten ist: anderen Menschen eine Freude zu machen. – Auch das ist Tourismus, auch das ist Gastronomie, aber dazu brauche ich Mitarbeiter, die bereit sind, mitzutun.

Wenn wir also meinen, daß wir in Österreich Tourismus machen sollen, wenn wir meinen, daß wir anderen Menschen am Wochenende, am Feiertag, zu Weihnachten und zu Neujahr eine Freude machen sollen, und wenn wir uns dazu bekennen, daß wir in der Branche auch Lehrlinge ausbilden – bisher haben wir uns dazu bekannt –, dann ist offensichtlich die Ausbildung der Lehrlinge unter anderen Spielregeln zu sehen, als sie in den Branchen zu sehen ist, die am Freitag um 14 Uhr schließen, oder in den Ämtern, die am Mittwoch nachmittag schon schließen.

Die konkrete Frage ist jetzt: Passiert da etwas gegen den Willen der Eltern, ist es eine Ausbeutung der Arbeitskraft des jungen Menschen, oder geht es vielmehr um eine innerbetriebliche Regelung, der in vielen Fällen der Betriebsrat zustimmt, der der Jugendvertrauensrat zustimmt, von der die Eltern sagen, so wollen wir es, von der der Lehrling sagt, so will er es, und von der der Betrieb sagt, so will er es? – Ganz einfach.

Ich nenne Ihnen jetzt einige Beispiele: Wenn der Lehrling im Waldviertel wohnt und eine Lehrstelle in Tirol hat, so kann er nur dann, wenn er zehn Tage arbeitet und vier Tage frei hat, heimfahren. Das ist strikt verboten in Österreich. Warum eigentlich? – Nur um irgendeinem Büchel, irgendeiner willkürlichen Vorschrift, die Leute gemacht haben, die gar kein Verständnis für diese Situation haben, zu folgen?

Niemand soll den Lehrling dazu zwingen, am Sonntag zu arbeiten, wenn er es nicht will. Nur wohnen die meisten Lehrlinge der Gastronomie nicht zu Hause – es wird ungefähr die Hälfte sein –, sondern sie wohnen eben im Waldviertel und haben ihren Arbeitsplatz im Salzkammergut, sie wohnen in der Oststeiermark – ein typisches Gebiet, das Lehrlinge bis nach Vorarlberg schickt, wo sie dann in betrieblichen Heimen kostenlos verpflegt und untergebracht sind. Für die ist ein ganz anderer Tagesrhythmus von Relevanz als der, den Sie sich vorstellen können. Die wohnen am Arbeitsplatz. Da ist die Bruttoarbeitszeit und die Nettoarbeitszeit dieselbe, es gibt keine Pendelzeiten. Der Lehrling kommt um halb acht Uhr frühstücken, und um acht Uhr geht der Dienst los, wobei Frühstück, Mittag- und Abendessen inbegriffen ist.

Wenn Sie also den Mut haben, die Situation zu beurteilen, dann bitte ich Sie höflich, sich doch mit dieser ganz besonderen Situation auseinanderzusetzen. Mit Lachen werden wir es nicht lösen. Ich weiß schon, aus der Sicht Ihrer Welt ist es ganz skurril, aber stellen Sie sich vor: Auch das ist Österreich, auch das gibt es in diesem Land! Erstaunlicherweise gibt es das.

Wenn es also so ist, daß junge Leute in den Betrieben wohnen, und wenn es so ist, daß es dem 17- oder 18jährigen lieber ist, in der Sommerzeit einen Dienst bis 23 Uhr zu machen und dafür in der Früh erst um 10 oder 11 Uhr anzufangen – das gilt für alle Dienste; es gibt kein Mittagessen mehr, es gibt Frühstück, es gibt Abendessen –, dann wollen Sie ihm das aus höherer Einsicht verbieten, weil Sie das kollektive Glück kennen, weil Sie von Gott gesandt sind und die Gnade haben, zu wissen, wie Menschen glücklich sind?! – Wissen Sie, das ist eine grenzenlose Überheblichkeit. Sie sollten ein bißchen demütiger sein, ein bißchen mehr den Menschen zuhören


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