Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 130

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nung, meine aber, daß es falsch ist, über die schrankenlose Ladenöffnungszeit die Überschrift Liberalität zu setzen.

Ich meine, daß das falsch ist, weil schrankenlose Öffnungszeiten dazu führen würden, daß die Großen die Kleinen fressen. Und da muß ich sagen: Da haben Sie uns nicht an Ihrer Seite! Wir sind für Qualitätsarbeitsplätze. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich weiß wirklich, wovon ich spreche, und ich meine, daß die schrankenlose Öffnung auch die Vollzeit, den Qualitätsarbeitsplatz in Gefahr bringt und qualitativ schlechtere Teilzeitarbeitsplätze, obwohl diese auch notwendig sind, erzeugen würde. Das ist international nachgewiesen, das heißt aber nicht, daß wir Freiheitliche – und wir haben ja dazu Vorschläge gebracht – nicht für eine Angleichung an internationale Gegebenheiten eintreten, denn das zwingt uns, wenn man das schon sonst nicht wollte, der Markt auf; das bundesdeutsche Beispiel ist ja schon oft zitiert worden.

Es wird das Wichtigste sein, eine Rahmenöffnungszeit zu beschließen, damit nicht eintritt, daß die Multis wie ein Heuschreckenschwarm über Österreich herfallen und die Ausbildungsplätze zerstören. Wir wissen ja, daß die Multis – ich brauche keine Namen zu nennen – im weitesten Bereich keine Lehrlinge ausbilden und sich dadurch das Lehrlingsproblem wieder verstärken würde.

Ich glaube, dieses vernetzte Denken ist notwendig, das ich jedoch im Antrag des Liberalen Forums vermisse, der von einem Manchesterliberalismus ausgeht, der nicht einmal mehr in Amerika angewandt wird. Dort hat man auch entsprechende Schranken eingezogen. Ich nenne nur ein Beispiel: Was die Konzentration anbelangt, bereits in den dreißiger Jahren ein Antitrust-Gesetz. Also auch in den USA, in einem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, gibt es gewisse gesetzliche Solidareinzüge, und ohne diese sollten wir, glaube ich, auch in unserer Gesellschaft nicht leben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Daß das Aufsperren dann, wenn es erlaubt werden soll, für den einzelnen Händler finanzierbar sein muß und nicht mit neuem bürokratischem Aufwand oder Kosten belastet werden darf, ist eine andere Sache, über die wir natürlich auch diskutieren müssen, Frau Kollegin, denn wenn wir bei den Vorschriften nicht entbürokratisieren und nicht entsteuern, was zum Beispiel die sooft zitierte Kommunalabgabe auf Lehrlinge betrifft, wenn wir also da nichts tun, dann nützen uns die "besten" Öffnungszeiten – unter Anführungszeichen – nichts, und wir werden einen Rückschlag für unsere Handelsbetriebe und damit auch für die nach- und vorgelagerte Industrie erleben müssen.

Meine Damen und Herren! Nun einige Anmerkungen zur Gewerbeordnung. Dutzende Anläufe hat es gegeben. Wir Freiheitliche sind – ich möchte fast sagen über Jahrzehnte – gegen die Gummiwand der Kämmerer gelaufen, die immer wieder abgemauert haben, und auch diese sozialistische Koalition hat immer wieder versprochen: Jetzt wird endlich in der Gewerbeordnung der Zopf abgeschnitten!

Man kann wahllos die Regierungserklärungen hernehmen und nachlesen: So hat zum Beispiel am 18. Dezember 1990 Herr Vranitzky die Erleichterung des Zugangs zur Gewerbeausübung versprochen. Dieses Versprechen findet sich wie das Amen im Gebet in jeder seiner Regierungserklärungen. Aber was ist geschehen? – Es gab kosmetische Operationen: Da wurde etwas weggezwickt, dort wiederum wurde etwas hinzugegeben, aber der große Gewerbeordnungswurf ist nicht erfolgt – wiewohl auch für eine notwendige Reform der Gewerbeordnung gilt, daß man nicht alles über Bord werfen sollte, so wie es der Vorschlag des Liberalen Forums tut. Dieser Vorschlag scheint auf den ersten Blick liberal zu sein, wenn man ihn aber hinterfrägt, entdeckt man darin irre Fußangeln, was das Selbständigwerden anlangt.

Ich bringe dafür nur ein Beispiel: die Versicherungspflicht, die Herr Abgeordneter Helmut Peter heute so groß gelobt hat und wo er gemeint hat, das würde von den internationalen Versicherungskonzernen überhaupt als das Ei des Kolumbus gesehen. Na das ist mir klar, nämlich daß die Versicherungskonzerne da fette neue Prämienpfründe wittern. Es ist mir klar, daß diese sagen: Na das ist klasse, jetzt bekommen wir wieder ein neues Geschäft! (Zwischenruf des Abg. Dr. Kier. )


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