Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 133

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fahren, geringfügig beschäftigt sind, teilzeitbeschäftigt sind, es gar nicht mehr wagen, entsprechende Forderungen zu stellen. Das ist kein Phantom mehr, das ist keine Gefahr, sondern das ist tatsächlich gerade im Handel Realität!

Ich gebe Ihnen recht, daß wir mit dem Bereich der Einteilung unserer Arbeitszeit und mit dem Phänomen Arbeitslosigkeit phantasievoller umgehen müssen und neue Modelle entwickeln müssen, daß da vor allem von den Sozialdemokraten und auch von den Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretern weit mehr zu verlangen ist, daß wir viele Jahre lang das Problem, so würde ich meinen, verschleppt und mißverstanden haben. Da gibt es ganz sicher die Notwendigkeit, sich auch an verschiedene Neuentwicklungen oder auch an die Regelung, wie sie jetzt etwa in Deutschland kommen wird, anzupassen. Aber dabei gilt es, insgesamt das Ziel der Vollbeschäftigung nicht aus den Augen zu verlieren. Vor allem geht es auch darum, Grundrechte, soziale Rechte, für die viele Menschen viele Jahre lang gekämpft haben, nicht einfach so schnell hintanzustellen. (Beifall bei den Grünen.)

Es war in dieser Woche gerade in Österreich sehr viel von Globalisierung, den Folgen der Globalisierung und der Beschleunigung des Kapitalismus, wie wir ihn in den letzten Jahren kennen, zu lesen und zu hören. Es wurde ein Buch vorgestellt, es wurden viele Artikel dazu publiziert. Ich glaube, daß sich dieses Parlament weit mehr als bisher und viel schneller als bisher dieser Frage annehmen muß. Ich meine, daß wir weit mehr als bisher Konzepte entwickeln müssen, die sich einerseits diesen Veränderungen wirklich stellen, uns aber andererseits nicht dafür schämen dürfen, bestehende Rechte, demokratiepolitische Rechte, soziale Rechte zu bewahren.

Es geht nicht darum, daß wir mit ostasiatischen oder auch mit amerikanischen Märkten konkurrieren können. Es kann doch nicht unser Vorbild sein, ähnliche soziale Standards zu erzielen, wie es sie in Ostasien oder Amerika gibt. Unser Ziel muß es doch sein, einerseits natürlich wettbewerbsfähig zu bleiben, andererseits aber demokratiepolitische und soziale Rechte, für die man ein Jahrhundert lang gekämpft hat, zu bewahren und zu versuchen, gleichzeitig unsere Demokratie und demokratiepolitischen Werte zu bewahren.

Diese Woche, am 16. September 1996, war ein Artikel in der "Financial Times", und zwar eine Prognose des Weißen Hauses, in der man nachlesen kann, daß sich die Löhne in Amerika in den nächsten Jahren noch um 20 Prozent vermindern werden, und zwar nicht nur die Löhne der Industriearbeiter, sondern vor allem die Löhne im Dienstleistungsbereich. Der Grund dafür ist einfach: Aufgrund der neuen Märkte, der neuen Konkurrenz kommt es einfach zu einem unglaublichen Druck auf bestehende Arbeitnehmerverhältnisse und zu einem wirklichen "Auseinanderdividieren" in unserer Gesellschaft.

Wenn wir diesem Druck einseitig nachgeben – ich habe in diesem Haus schon oft gesagt, daß es an der Zeit ist, sich weit offensiver diesem Problem zu stellen –, dann werden wir in Österreich ähnliche Entwicklungen erleben und vor allem mit dem Phänomen steigender Arbeitslosigkeit und immer weniger Vollbeschäftigung leben müssen.

Ganz kurz zur Gewerbeordnung und Ihren Vorstellungen hiezu: Ich habe schon einmal in diesem Zusammenhang erwähnt, daß auch wir für eine Konzentration von Verfahren sind, daß auch wir glauben, daß einiges an Entbürokratisierung möglich ist, daß es uns aber wichtig ist, bei der Bewilligung von Anlagen immer ökologische Folgekosten zu berücksichtigen, und daß wir auch dabei nicht hinter die bisherigen Errungenschaften fallen dürfen.

Es ist notwendig, diese Themen seriös zu diskutieren. Es ist wichtig, daß Sie diese Anträge einbringen. Ich hoffe sehr, daß es in den Ausschüssen gelingt, über die Folgen der Globalisierung, über die Folgen dieser Wettbewerbspolitik zu diskutieren, und daß es uns gelingt, sehr schnell Antworten zu finden, die praktikabel für Österreich, aber auch im Hinblick auf die europäischen Standards sind. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte. Maximal 20 Minuten.


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