Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 58

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Dienstverhältnisse! – Abg. Silhavy: Frau Kollegin Haidlmayr! Wir wollen Dienstverhältnisse haben!) Sie müssen mir aufzählen, wie viele Tagesmütter es in Österreich gibt, die über 7 000 S im Monat verdienen oder verdienen können. (Abg. Dr. Leiner: 20 Prozent verdienen über 7 000 S!) Die gibt es nicht! Und wenn Sie mir sagen können, wie viele es sind, dann sagen Sie es! Sie werden es nicht tun können, weil es keine Tagesmütter gibt, die ein Einkommen von über 7 000 S erreichen können. (Abg. Silhavy: Aber wir wollen doch Dienstverhältnisse!)

Das heißt konkret: Einerseits verlangen Sie von diesen Frauen, daß sie Ihre längst überfällige Frauenpolitik – und dazu gehört auch die Kindergartenpolitik – endlich einlösen, andererseits bestrafen Sie jetzt noch zusätzlich Frauen, die sich der Kleinkinder annehmen.

Eine Tagesmutter hat schon bei der Geringfügigkeitsgrenze von 3 600 S bis jetzt niemals gewußt, ob sie für den laufenden Monat voll versichert sein wird oder nur in die Geringfügigkeitsgrenze fallen wird. Eine Tagesmutter hat bis heute nie gewußt, ob sie es im Rahmen ihres Dienstverhältnisses im laufenden Monat schaffen wird, daß sie auch Krankengeld beziehen kann, und eine Tagesmutter hat bis jetzt auch nie gewußt, ob sie es schaffen kann, sich im laufenden Monat, in dem sie Kinderbetreuung geleistet hat, einen Pensionsanspruch zu erwerben oder nicht.

In Zukunft ist das sehr deutlich und sehr klar: Tagesmütter schaffen es nicht mehr, sozialversicherungsrechtlich abgesichert zu sein, und Tagesmütter schaffen es auch nicht mehr, ihre eigene Pension einzuzahlen! (Abg. Silhavy: Wir wollen eben angestellte Tagesmütter!)

Sie haben mit dieser Lösung, die Geringfügigkeitsgrenze auf 7 000 S anzuheben, ausschließlich der Wirtschaft geholfen, denn mit dieser Lösung machen Sie es der Wirtschaft leicht, Dienstverhältnisse für jene Menschen, die jetzt ein geringes Einkommen hatten und sozialversicherungsrechtlich abgesichert waren, in Werkverträge umzuwandeln, sodaß diese Menschen, die in diesen Dienstverhältnissen arbeiten müssen, jetzt keinen Anspruch mehr auf Pension erwerben können und auch keinen Anspruch mehr auf soziale Absicherung haben. (Abg. Koppler: Das stimmt doch nicht! Frau Abgeordnete, das stimmt doch nicht!) Das ist Ihr Verdienst!

Ich glaube, das war auch von seiten der ÖVP gerade für diese Gruppe sehr gezielt und bewußt gemacht. Ich habe nicht vergessen, daß Ihr Abgeordneter Maderthaner verlangt hat, daß es für Behinderte, für Minderbegabte – was immer das auch sein mag und wer immer das zu beurteilen hat, was Minderbegabung ist – und für Langzeitarbeitslose einen eigenen Kollektivvertrag geben soll, dessen Gehälter unter denen der regulären Kollektivverträge liegen. Sie wollten damit erreichen, daß es gerade jenen Menschen, denen es ohnehin schon schlecht geht, noch schlechter gehen soll. Mit dieser Forderung sind Sie damals Gott sei Dank nicht durchgekommen, aber Sie haben es jetzt durch Ihre neue Lösung trotzdem geschafft, daß gerade sozial Schwache, daß gerade Menschen mit geringem Einkommen völlig aus dem sozialen Netz hinausgeflogen sind und in Zukunft keinerlei Chance mehr haben werden, dort wieder hineinzukommen.

Sie haben es auch zuwege gebracht, die begünstigten Behinderten, die so dringend auf ihre Arbeitsplätze angewiesen sind, aus ihrer Begünstigung hinauszuschmeißen, denn es gibt keinen Werkvertrag, der besagt, daß er begünstigte Behinderte bevorzugt behandeln muß. Begünstigte Behinderte sind jetzt aus dem Arbeitsmarkt draußen, und die Unternehmer haben es ganz einfach, denn mit nicht einmal 2 000 S im Monat haben sie sich ohnehin schon freikaufen können. Ob es jetzt im Monat ein paar Tausender mehr oder weniger sind, darauf kommt es auch nicht mehr an, Hauptsache, sie können sich jetzt von diesen Menschen befreien, loslösen und diese Menschen aus dem Arbeitsprozeß hinaushauen beziehungsweise überhaupt nicht mehr in den Arbeitsprozeß hineinnehmen.

Mit der Erhöhung der Geringfügigkeitsgrenze auf 7 000 S haben Sie ungeheuren Schaden angerichtet: Schaden an Menschen, die ohnehin noch nie etwas zu lachen hatten, und Schaden an Menschen, die ohnehin nur ein ganz, ganz geringes Einkommen haben, mit dem es meist ohnehin nicht möglich war, ihre Existenz abzusichern. (Beifall bei den Grünen.)


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