Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 62

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Herr Kollege! Von ganz logischer Schärfe ist Ihre Argumentation nicht, denn auf der einen Seite empfehlen Sie uns, die Zeitungen zu lesen, und auf der anderen Seite werfen Sie uns wieder vor, daß wir uns zu sehr mit den Zeitungen beschäftigen.

Herr Kollege Donabauer! Ich sage Ihnen jetzt folgendes: Legen Sie die Zeitungen weg! Als Jurist weiß ich – dazu brauche ich nicht in die Zeitungen zu schauen –, daß die Bestimmung, die die Einführung der Sozialversicherungspflicht für dienstnehmerähnliche Werkverträge und freie Dienstverträge zum Gegenstand hat, verfassungswidrig ist. Das ist keine Minderheitenmeinung eines freiheitlichen Abgeordneten, der auch Jurist ist, sondern das ist auch die Meinung bedeutender Verfassungsjuristen in Österreich. Da Sie uns auf Zeitungen verweisen, verweise ich Sie auf ernstzunehmende, fundierte und fachlich ausgereifte Stellungnahmen von Verfassungsjuristen und auch Arbeitsrechtlern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Donabauer! Sie kennen ja Universitätsprofessor Dr. Tomandl, auch er spricht von einer Verfassungswidrigkeit.

Wir werden es ja wieder erleben, es wird einmal mehr so sein, Herr Kollege, daß hier im Plenum Mandatare davor warnen, verfassungswidrige Gesetze zu beschließen, daß externe Experten davor warnen, gesetzwidrige Gesetze zu beschließen, und schlußendlich der Verfassungsgerichtshof dann zum Ergebnis kommt, daß die Damen und Herren Abgeordneten der Regierungsparteien wieder einmal verfassungswidrige Gesetze beschlossen haben. Dann ist wieder Feuer am Dach. Der Verfassungsgerichtshof wird dann eine Übergangsfrist einräumen und den Koalitionsparteien auftragen, diesen Verfassungsunsinn, diesen kompletten Gesetzesunsinn, den Sie hier einführen wollen, wieder aufzuheben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Medien haben sich, zumindest meiner Beobachtung nach, eigentlich noch nie einer derart martialischen Ausdrucksweise bedient, wenn es darum ging, die Regelungen über die Werkverträge einer Betrachtung zu unterziehen. Ich erinnere daran, daß etwa das "WirtschaftsBlatt" sogar von einer Werkvertragsfolter gesprochen hat. Ja, es mußte sogar der Marquis de Sade herhalten, um diesen kompletten Unsinn bildlich und plastisch darzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muß mich auch gegen das verwahren, was der Herr Minister hier gesagt hat, daß nämlich das Bemühen des Gesetzgebers darauf ausgerichtet war, ein Abdriften aus der Sozialversicherungspflicht einzudämmen. Denn, sehr geehrter Herr Minister, wenn das wirklich die hehre Überlegung Ihrer Person, Ihrer Partei und des Koalitionspartners gewesen wäre, dann hätte man es ja bei der bestehenden Regelung belassen können, da es ja auch bisher schon so war, daß Umgehungen nach ihrem tatsächlichen Sachverhalt zu beurteilen waren. Wenn Werkverträge abgeschlossen wurden, die nur auf dem Papier als Werkverträge bezeichnet wurden, in Wahrheit aber Dienstnehmercharakter hatten, dann waren auch diese selbstverständlich schon sozialversicherungspflichtig. Nichts anderes hat gegolten bezüglich der Lohnsteuerpflicht von Verträgen, die zwar Dienstverträge waren, aber als etwas anderes bezeichnet wurden. Das heißt, dafür hätte es einer Gesetzesänderung nicht bedurft!

Tatsächlich, meine Damen und Herren, stellt sich die Situation so dar, daß wir jetzt einen Gesetzeswirrwarr haben. Wir haben die Dienstverträge, wir prüfen jeden Sachverhalt darauf: Unterliegt er der Dienstvertragspflicht, oder ist es etwa ein freier Dienstvertrag, oder ist es ein dienstnehmerähnlicher Werkvertrag. – Ein Tohuwabohu.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage mich: Wie ernst nimmt sich ein Parlament, dessen Abgeordnete, wie ernst nimmt sich eine Demokratie, in der amtierende Minister, ressortzuständige Minister wie Minister Klima klar und deutlich bekennen, daß sie sich hinsichtlich der Werkvertragsregelung nicht auskennen? Ja mit welchem Recht fordern Sie dann vom Normunterworfenen, daß er dieses unsinnige Gesetz administriert?! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.50

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Dr. Leiner. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten.


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