Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 106

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Ich war in Tirol bei einer Veranstaltung eines Bürgerforums, und dort hat man einen Tiroler Industriellen aufgefordert, zu sagen, seit dem EU-Beitritt seien 40 neue Arbeitsplätze geschaffen worden. (Abg. Dr. Graf: In Brüssel!) Das war eine Peinlichkeit! Obwohl man weiß, daß eine Baufirma im Außerfern in Konkurs geht, eine Baufirma in Oberland in Konkurs geht, die Coca-Cola-Niederlassung in Innsbruck geschlossen wird, das Zementwerk in Eidenberg geschlossen wird, erdreistet man sich, einen Mitarbeiter sagen zu lassen, 40 neue Arbeitsplätze seien geschaffen worden. Das ist peinlich! Anscheinend wollen Sie die Falschinformation, die Sie bei der Volksabstimmung über den EU-Beitritt Österreichs im Jahre 1994 praktiziert haben, jetzt fortsetzen. Die Bevölkerung kann es ja gar nicht mehr hören, die glaubt es ohnehin nicht mehr.

Es ist schon klar, daß wir ein größeres Konsolidierungserfordernis haben, Herr Finanzminister. Aber Sie haben ja selbst im Konvergenzprogramm angekündigt, daß Sie im Rahmen einer Beschäftigungsoffensive Reinvestitionen aus Privatisierungen tätigen wollen. Was haben Sie denn bis jetzt privatisiert? (Bundesminister Mag. Klima: VA-Stahl ...!) Die CA privatisieren wir jetzt schon seit fünf Jahren. (Bundesminister Mag. Klima: VA-Stahl ...!) Sie können nichts dafür. Aber was ist denn aus den Privatisierungserlösen bisher für die Arbeitsplatzbeschaffung investiert worden? – Kein einziger Schilling! Wir haben nur Arbeitsplätze verloren, wir haben Volksvermögen verloren, und zwar in einer Größenordnung von über 34 Milliarden Schilling, was eigentlich schon wieder ein heimlicher Pleiterekord ist.

Doch noch bedenklicher stimmt, daß Sie es aufgrund Ihrer Finanz- und Steuerpolitik den heimischen Unternehmen nicht möglich gemacht haben, Eigenkapital zu bilden, damit nicht beim ersten Gegenwind ein Konkursverfahren eröffnet wird. Wir haben schon die traurige Zahl von über 2 700 abgewiesenen Konkursanträgen mangels Vermögen erreicht, weil die Unternehmer gar nicht in der Lage sind, Eigenkapital zu bilden. Aber Sie gehen her und sprechen von Gründungssparen, von einer Gründeroffensive, in Kenntnis, daß Sie eine Zwangsabgabe in Form der Körperschaftsteuer von 50 000 S einführen. Da wollen Sie den Jungunternehmern in Österreich erklären, das sei eine Gründungsoffensive. Das glaubt Ihnen doch kein Mensch mehr! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Finanzminister! Weiters steht im Konvergenzprogramm, Sie erhöhen Bauleistungen, indem die Mietzinsreserven aktiviert werden. Im selben Atemzug stellen Sie aber das Bauherrenmodell ein, ein Modell, das sehr gut funktioniert hat, das sehr viele kleine und mittlere österreichische Bauunternehmer beschäftigt hat, so daß sehr viele Beschäftigte dadurch einen Arbeitsplatz hatten. Diese Förderung für die Bauwirtschaft beziehungsweise für die Althaussanierung haben Sie mit einem Federstrich abgeschafft.

Herr Finanzminister! Sie haben mit der Aussetzung des Verlustvortrages für die Jahre 1996 und 1997 für sämtliche Projekt- und Bauträgergesellschaften einen weiteren gefährlichen Schritt gesetzt. Diese kommen in größte Schwierigkeiten, weil die nämlich die Gestehungs-, Gründungs-, Finanzierungs-, Grundstücks- und Erschließungskosten für ein und dasselbe Projekt, die in den Jahren 1994 und 1995 angefallen sind, nicht lukriert werden können und sie daher nicht in der Lage sind, die Steuerbelastung aus der Verwertung der Liegenschaft zu bezahlen. Wäre es möglich, die Verlustvorträge aus den projektbezogenen Verlusten geltend zu machen, könnten viel mehr Bauvorhaben realisiert werden und würde es zu viel weniger Pleiten in Österreich kommen.

Aber Sie wollen das überhaupt nicht hören. Sie machen eine Steuerpolitik, ohne irgend etwas bei den Strukturen zu ändern. In Ihrem Budgetprogramm zählen Sie eine Unmenge von Maßnahmen ausgabenseitiger Natur, überhaupt nicht quantifiziert, taxativ auf. Auf der Einnahmenseite ist aber ganz klar herausgekommen – das steht auch im Bericht für den Finanzausgleich –, daß die Steuerbelastung für 1996/97 150 Milliarden Schilling ausmacht. Sie haben damals aber immer wieder gesagt, das Belastungspaket mache nur 100 Milliarden Schilling aus. Das Belastungspaket ist viel größer, und das Belastungspaket ist deshalb viel größer, weil Sie sich damals bei den effektiven Kosten, die auf Sie zukommen, offensichtlich verrechnet haben. Doch jetzt wollen Sie über irgendwelche Schleichwege aus der Staatsverschuldung hinauskommen. Beispiel: Autobahnvignette. Damit Sie über 50 Prozent der Mauteinnahmen zur Refinanzierung der ASFINAG-Schulden verwenden können, werden eben die 73 Milliarden Schilling in der


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