Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 135

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auf eine Nullohnrunde ja gar nicht mehr so unrealistisch ist. Die Bundesregierung wiederum, in der Sie ebenfalls verankert sind, belastet die Betriebe durch die Ausweitung der Kommunalsteuer auf die Lehrlingsentschädigung und steigert dadurch allgemein die Lohnnebenkosten, belastet die Leistungslöhne und nimmt offenbar das langsame Sterben der Lehrlingsbetriebe und des Lehrlings überhaupt reaktionslos hin.

Die Arbeitssituation verändert sich ganz einfach. Vor 20 Jahren war es anders als heute. Heute gibt es den Trend zur Dienstleistung, zur Reparaturtätigkeit, zur Überwachung von Maschinen und so weiter. Die Lehrlingsausbildung kostet den österreichischen Staat ein Zehntel der Ausbildung in mittleren und höheren Schulen. Ein Lehrling ist dem österreichischen Staat ungefähr 6 000 S bis 8 000 S wert, ein AHS-Schüler zirka 60 000 S.

Die Lehrlinge sind heute für diese Betriebe ganz einfach zu teuer. Die Abgaben sind einfach zu hoch, die Vorschriften zu restriktiv. Das Jugendbeschäftigungsgesetz haben wir erst vor kurzem behandelt. Sie in Ihrer Engstirnigkeit haben unseren Antrag abgelehnt.

Es ist nicht mehr möglich, Lehrlinge auszubilden. Jemand kann nicht Maler lernen, wenn er auf kein Gerüst steigen darf. Es wird keiner aufgenommen. Ein Bäckerlehrling kann den Bäckerberuf nur erlernen, wenn er um 4 Uhr in der Früh aufsteht, und der Kellnerlehrling kann ebenfalls diesen Beruf nur ergreifen, wenn er am Abend länger aufbleibt. Kein Jugendlicher wird eine solche Lehre anfangen, wenn er weiß, daß er nicht immer dann, wenn es notwendig ist, eingesetzt werden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es wird oft darüber diskutiert, die Schulzeit des Lehrlings zu verlängern. Das wäre kein Problem, wenn der Lehrling wie der Schüler bei den Eltern mitversichert wäre und für die Schulzeit keine Lehrlingsentschädigung erhalten würde. Nur für jene Tätigkeit, die er in einem Betrieb während seiner Lehrlingsausbildung verrichtet, sollte der Lehrling eine Lehrlingsentschädigung bekommen. Diese müßte ebenfalls etwas attraktiver gestaltet werden.

Wir haben heute Lehrlingswerkstätten, wir haben Fachschulen. Im Rahmen der Lehrlingswerkstätte gibt es eine Berufsschule und einen Praxisunterricht am selben Standort. Die Lehrlingsentschädigung geht meist für die Internatskosten auf.

In den Fachschulen, wo die Unterrichtsdauer 40 Stunden pro Woche beträgt, wird der Unterricht zirka 50 : 50 in Praxisunterricht und Theorieunterricht aufgeteilt. Da gibt es keine Lehrlingsentschädigung. Diese Schüler sind bei den Eltern mitversichert. Wieso ist dies nicht auch bei Lehrlingen möglich?

Die Lehrlingswerkstätten in den privaten Betrieben müßten gefördert werden. Es sollten keine Fonds errichtet werden, wie es die Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion vorhaben, sondern eine Förderung sollte über steuerliche Erleichterungen erfolgen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es müßte ganz einfach dazu kommen, daß die Lehre attraktiver wird. Ich fordere hier folgende Maßnahmen: eine gesetzliche Festlegung einer jährlichen Mindeststeigerung der Lehrlingsentschädigung im Ausmaß der sonstigen kollektivvertraglichen Lohnerhöhung im jeweiligen Wirtschaftszweig, also eine Mindestlehrlingsentschädigung. Herr Kollege Feurstein meinte im Ausschuß, die Kollektivvertragspartner würden dabei übergangen, in die Kollektivvertragshoheit dürfe man nicht eingreifen. Ich meine, wenn die Sozialpartner nichts mehr weiterbringen – die bringen heute sowieso nichts mehr weiter –, dann muß man eben andere Regelungen treffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Weiters fordere ich ein vom Bund finanziertes Leistungsstipendium für überdurchschnittliche Leistungen bis zu jener Höhe der Kosten, die auch für AHS-Schüler anfallen, eine steuerliche Erleichterung für Lehrlinge ausbildende Betriebe, einen Entfall der Kommunalsteuer auf Lehrlingsentschädigung, eine frühzeitig beginnende Information aller Schüler über sämtliche Bildungs- und Berufsmöglichkeiten sowie einen Entfall der Sozialversicherungsbeiträge und die Möglichkeit einer Mitversicherung bei den Eltern, eine Neuorganisation der Lehrlingsausbildung durch eine nach Wirtschaftsbereichen getrennte konzentrierte schulische Ausbildung anstelle


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