Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 92

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Im "Eurokonsument" vom 28. August 1996 war unter dem Titel "Gentechnik: Wie weiter?" zu lesen: Das österreichische Gesundheitsministerium bereitet sich auf den Fall vor, daß es mit der Novel-Food-Verordnung nicht klappt. Sollte es dazu kommen, so stünden die Entwürfe für zwei österreichische Verordnungen zur Debatte, die kurzfristig erlassen werden können und den rechtsfreien Zustand in diesem Bereich bis zu einer europäischen Entscheidung durch eine innerstaatliche Regelung abdecken könnten.

Meine Damen und Herren! Hätte ich gewußt, was ich seit heute mittag weiß, so hätte ich nicht einmal den Vertagungsantrag im Gesundheitsausschuß mitgetragen. Die sozialdemokratische Fraktion ist für eine lückenlose Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel und sieht den nationalen Alleingang auch als wichtiges Signal Richtung EU, zumal mehr als 90 Prozent der österreichischen Bevölkerung diese lückenlose Kennzeichnung wünschen.

Meine Damen und Herren! Die Wahl von Nahrungsmitteln ist ein Bereich, in dem die meisten Menschen auf ihrem Gestaltungsrecht und ihrer Entscheidungsfreiheit bestehen und eine politische Mitentscheidung geradezu einfordern. Diese berechtigte Forderung der Bürger zu ignorieren hieße für mich, ein Stück lebbarer Demokratie zu beschneiden.

Freisetzung zu Forschungszwecken ist eine nationale Entscheidung, eine Entscheidung, die von Fall zu Fall zu treffen ist. Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Lebensmitteln sollte – zumindest, sage ich, denn ich würde es mir weltweit wünschen – europaweit geregelt werden.

Da diese Entscheidung, wie schon gesagt, auf sich warten läßt, das gentechnisch veränderte Soja aus den USA aber schon in den nächsten Tagen die europäischen Märkte erreichen wird und ein Importverbot nach Artikel 16 der EU-Freisetzungsrichtlinie keine Aussicht auf Erfolg hat, sind die nationalen Verordnungen dringendst zu erlassen.

Ich sehe nicht, wo die Frau Bundesministerin einen Fehler gemacht haben sollte, aber es handelt sich wahrscheinlich um eine vorbereitete Rede der Kollegin Langthaler, die nicht mehr umgeschrieben werden konnte.

Bundesminister Farnleitner hat uns heute gesagt, wenn keine Kennzeichnungsentscheidung der EU bis 31. Dezember 1996 vorliegt, dann unterschreibt er. Die ÖVP-Abgeordneten ließen uns wissen, daß sie eine Frist bis Februar 1997 wünschen. – Meine Damen und Herren, dann brauchen wir die nationale Verordnung nicht mehr, denn dann ist der Markt durchmischt. Es haben uns zwar die Lebensmittelproduzenten wissen lassen, daß sie mit Soja eingedeckt wären und vorerst nichts kaufen müßten, aber eines ist sicher: Es gibt genug Firmen, die diesen rechtsfreien Raum jetzt nützen und sich eindecken würden. (Abg. Dr. Petrovic: Sagen Sie das nicht uns, das ist an die Adresse der Regierung!) Hören Sie einmal zu, ich habe Ihnen auch zugehört! Können wir uns darauf verständigen, Frau Kollegin? Lassen Sie mich fertigreden!

Wir haben dann die Durchmischung des Marktes, die können wir nicht mehr rückgängig machen und nicht mehr kontrollieren. Daher: nationale Verordnung jetzt, denn sonst ist das Vertrauen der österreichischen Bevölkerung wirklich endgültig erschüttert. Wir brauchen diese Verordnung jetzt. Wenn die EU dann eine entsprechende Verordnung trifft, dann kann man diese nationale Verordnung leicht zurücknehmen. Das ist kein Problem.

Ich frage die ÖVP, ob sie es sich leisten kann, über 90 Prozent der österreichischen Bevölkerung oder mehr drüberzufahren. Wahrscheinlich geht es um einen billigen Erfolg gegenüber den Sozialdemokraten, denn heute war in "NEWS" zu lesen, daß man der SPÖ keinen Spielraum lassen möchte. – Nur zu! Ich finde das billig, wenn es um den Gesundheitsschutz der österreichischen Bevölkerung geht.

Die Antwort kann nur lückenlose Kennzeichnung sein. Die Verordnungen der Frau Bundesminister sind fertig, werden von ihr unterschrieben, werden den Regierungspartnern zugeleitet, damit sie unterschreiben und die Verordnungen unverzüglich in Kraft treten können. (Beifall des Abg. Dr. Haselsteiner. )


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