Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 47. Sitzung / Seite 125

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Weiters bin ich dafür, daß bei Gerichten und Staatsanwaltschaften eigene Spezialabteilungen für Gewaltdelikte im Familienbereich eingerichtet werden. Konzentriertes Know-how wäre da wichtig. Es hat sich nämlich bereits erwiesen, daß diese Form der Spezialisierung richtig und wichtig ist, und zwar bei der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität.

Herr Minister! Wichtig für das Opfer wäre auch, daß es von der bevorstehenden Entlassung des Täters aus der Strafhaft oder aus der Untersuchungshaft verständigt wird.

Ich habe nur die wichtigsten weiterführenden Maßnahmen erwähnt, deren Verwirklichung wir uns bereits ab morgen widmen müssen. Die bisher vorgebrachten Argumente von Herrn Lafer ... (Ruf bei den Freiheitlichen: Zeitgeist!) Das ist nicht Zeitgeist, sondern "Schlaggeist"! Die Argumente, warum Sie der heutigen Regelung nicht zustimmen, sind nicht einsichtig und an den Haaren herbeigezogen. Wer dem nicht zustimmt, unterwirft sich zu Recht dem Verdacht und dem Vorwurf, daß für ihn Gewalt gegen Frauen und Kinder im Familienbereich höchstens Kavaliersdelikte sind und daß er die Täter schützen will und nicht die Opfer. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. )

Dazu ein paar Zahlen: Im Frauenhaus haben bisher 942 Frauen Schutz gesucht, 304 wurden wegen Platzmangels abgewiesen. Jede fünfte Frau ist Opfer von Gewalt. Es haben auch 1 060 Kinder Schutz in Frauenhäusern gesucht. Allein diese Zahlen, Herr Ofner, müßten Sie doch wirklich beeindrucken! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Ich bin seit 40 Jahren Anwalt, ich weiß, wovon ich rede!)

Wahrscheinlich haben Sie immer die Täter verteidigt, es ist ja möglich, daß Ihr Spezialgebiet die Verteidigung solcher Täter ist!

Es ist auf jeden Fall erfreulich, daß eine klare Mehrheit in diesem Haus der Gewalt gegen die Schwächeren in unserer Gesellschaft einen Riegel vorschieben will und diesem Gesetz zustimmen wird. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

21.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schuster. – Bitte, Herr Abgeordneter. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

21.45

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Im Art. 1 der Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen steht folgender Satz: "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren." Aber obwohl dies dort niedergeschrieben steht, ist der Alltag ganz anders. Es geschieht viel Unrecht, und es wird viel Gewalt ausgeübt.

Meine Damen und Herren! Das heute zu beschließende Bundesgesetz gibt uns jedoch die Chance, uns zu diesem Thema zu äußern und einen Schritt in Richtung Schutz der Ärmsten, nämlich jener, die Gewalt ertragen müssen, zu setzen. Nach § 382a wird neu § 382b (1) eingefügt. Darin geht es – wie einige Vorrednerinnen und Vorredner bereits betont haben – um das sogenannte Wegweiserecht.

Meine Damen und Herren! Wer kann beziehungsweise darf bei Gericht Antragsteller sein? – Es steht in der Vorlage: ein naher Angehöriger, ob Ehegatte, Lebensgefährte, Geschwister, Wahl- oder Pflegekinder; sie alle dürfen Antragsteller sein. Ziel dieser Bestimmung ist es, daß eine Person, welche körperlichen Angriffen ausgesetzt ist oder bei der ein für die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten das weitere Zusammenleben unzumutbar macht, einen Antrag auf Verlassen der Wohnung beziehungsweise auf Verbot einer Rückkehr in dieselbe stellen kann.

Meine Damen und Herren! Welche sind eigentlich die Problembereiche, die zu Gewalt in der Familie überhaupt führen? – An erster Stelle steht unbestritten der innerfamiliäre Konflikt. Hohes Haus! Bis zum Jahre 1975 – das war das Jahr der Verabschiedung der Familienrechtsreform – galt die Ehe als möglichst dauerhaftes Versorgungsinstitut für Kinder und Frauen. Diese Fami


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