Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 48. Sitzung / Seite 188

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Meine Damen und Herren! Besonders informativ ist der Tätigkeitsbericht der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen. Dieser Bericht zeigt auf, daß sich die Zahl der Erstkontakte gegenüber dem Vorjahr wieder erhöht und seit der Einrichtung der Anwaltschaft fast verdoppelt hat. Außerdem hat sich die Tendenz, die schon in den vergangenen Jahren erkennbar war, nämlich zu einer West-Ost-Verlagerung mit Schwerpunkt Wien, weiter verstärkt.

Es zeigt sich auch, daß die Gleichbehandlungsanwältin aus Gründen der Überlastung in den Bundesländern ihre Sprechstunden kaum oder gar nicht mehr abhalten kann. Aus diesen Gründen fordern wir Liberalen, daß endlich eine Regionalisierung der Gleichbehandlungsanwaltschaft vorgenommen wird. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. )

Denn gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten besteht angesichts steigender Arbeitslosigkeit gerade bei Frauen die Gefahr, daß Frauen am Arbeitsplatz nicht nur verstärkt Diskriminierungen ausgesetzt sind, sondern generell von den Arbeitsplätzen verdrängt werden.

Frau Ministerin Konrad! Glauben Sie nicht auch, daß es nahezu fahrlässig ist, im Hinblick auf unsere derzeitige Situation erst in zwei Jahren eine Gleichbehandlungsanwältin im westlichsten Bundesland einzusetzen? Die finanzielle Belastung von 1,5 Millionen darf doch kein schlagendes Argument sein!

Meine Damen und Herren! Weiters wird in den Berichten auch ein stark steigender Beratungs- und Begleitungsbedarf sexuell belästigter Frauen aufgezeigt. Es ist für mich erschütternd, daß Frauen, die sich trauen, dies öffentlich kundzumachen, fast zu 100 Prozent gekündigt werden. Deshalb fordern wir Liberalen einen Kündigungsschutz für Frauen im Falle der sexuellen Belästigung. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Kollegin Schaffenrath informierte mich, daß im Gleichbehandlungsausschuß auch über die Landesgleichbehandlungsgesetze gesprochen wurde. Zu meiner Verwunderung haben sich die Frauen von der ÖVP klar dafür ausgesprochen, daß diese Gesetze endlich erlassen werden. – Daher meine Fragen an Sie, sehr geehrte Damen von der ÖVP: Wissen Sie eigentlich, was sich in Vorarlberg zugetragen hat? Meine Vorrednerin nahm bereits darauf Bezug. Wenn Sie nicht zugehört haben, Frau Kollegin Bauer, möchte ich Sie daran erinnern: Sie haben sich doch im Ausschuß klar dafür ausgesprochen – so wurde es mir mitgeteilt –, daß in den Ländern endlich die Gleichbehandlungsgesetze eingeführt werden sollen! Jetzt frage ich Sie noch einmal: Wissen Sie, was in Vorarlberg geschehen ist?

Am 17. Oktober 1996 gab Landesrätin Eva Waibel, ungeachtet all ihrer früheren Aussagen und auch der ihrer Vorgängerin, der jetzigen Frau Ministerin Gehrer, das endgültige Aus für ein Gleichbehandlungsgesetz bekannt. Der Grund für die Ablehnung des Gesetzes war, daß im Kampf gegen Widerstände wenig zu erreichen sei und daß man besser mit dem Wind segeln soll. Ich frage Sie wirklich: Welchen Wind meinen Sie, den Wind der Männer oder der Frauen? Brauchen wir überhaupt einen Wind, wenn wir klar wissen, welche Ungleichheiten es bei uns noch gibt? (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich meine, diese Aussage ist absurd. Einer Frau, die sich die Frauenpolitik auf die Fahnen geheftet hat, ist dies unwürdig!

Vorarlberg hat jetzt ein in erstaunlicher Eile beschlossenes Gesetz, das die Förderung der Chancengleichheit von Männern und Frauen zwar vorgibt, aber keine verpflichtende aktive Förderung zur Erhöhung der Frauenquote beinhaltet. Grund dafür ist die Angst vor dem Widerstand der Gemeinden, die dieses Gesetz gar nicht mehr mit einbeziehen. Es handelt sich hiebei um ein reines Alibigesetz. Sind Sie, meine Damen von der ÖVP, mit dieser Lösung, die keine ist, zufrieden? Und wenn nicht: Wo bleibt Ihr Aufschrei? Wir wissen doch alle, und wir vertreten es auch schon lange, daß ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Geschlechtern gerade im öffentlichen Dienst eine Vorbildwirkung für die Privatwirtschaft haben kann.

Meine Damen und Herren! Wir begrüßen schlußendlich das Gleichbehandlungspaket der Frauenministerin und hoffen, daß die Weiterentwicklung des Gleichbehandlungsgesetzes schneller vorangeht, als dies bisher der Fall war.


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